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01 2011

Potenzialitäten

Poststrukturalismus, Philosophie, Politik

Thomas Seibert

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Wenn Politik und Philosophie einander nicht loswerden, liegt das auch daran, dass ihre eminenten Begegnungen stets ein geschichtliches Ereignis artikulieren, in dessen Folge beide nicht mehr sein können, was sie zuvor waren. Die bislang letzte Begegnung dieser Art lässt sich durch die Chiffre „Mai 1968“ benennen, den entsprechenden Umbruch der Philosophie markiert der Titel „Poststrukturalismus „. Dessen politischen Einsatz hat Michel Foucault beiläufig in der Bemerkung auf den Punkt gebracht, nach der es ihm philosophisch wie politisch darum gegangen sei, ein „nietzscheanischer Kommunist“ zu werden.[1] Es ist von daher kein Zufall, dass sich die Frage nach der Aktualität des Poststrukturalismus heute innerhalb des Streits um die Aktualität des Kommunismus stellt, der nicht nur, doch maßgeblich zwischen Michael Hardt und Antonio Negri auf der einen, Alain Badiou und Slavoj Žižek auf der anderen Seite ausgetragen wird. Dessen strategischer Bezugspunkt ist die These des poststrukturalistischen Entwurfs, nach der heute alle Politik Biopolitik ist und zu sein hat. Diese These haben die Neuen Sozialen Bewegungen in der Folge des Mai-Ereignisses bekanntlich unter der Formel „Das Private ist politisch!“ ausgetragen und darin ihre Stärke, aber eben auch ihre Grenze artikuliert.

Angesichts der zwischenzeitlichen Banalisierung der Formel wie der Sache selbst, ist vorab zu erinnern, dass und inwiefern der Begriff der ‚Biopolitik’ einen radikalen Bruch nicht nur zur marxistisch-leninistischen, sondern zu überhaupt allen eminenten Bestimmungen des Politischen vollzieht, insofern Politik dort umgekehrt durch ihren unbedingten Primat vor den Pathologien des Privaten qualifiziert wird.[2] Im Versuch einer Vermittlung dieser Differenz wäre zu zeigen, dass im Streit um die Aktualität des Kommunismus eine dritte Position möglich wird, die nach ihrem eigenen Recht als dialektische benannt werden kann. Sie wird hier in einer Folge von vier Zügen entfaltet, die vom Zug des Minoritär-Werdens (1) über den der Multituden und Singularitäten (2) auf den der Militanz (3) und von dort auf den eigentlich dialektischen Zug (4) führt. Dabei geht es nicht um den letzten Schluss einer Dialektik des Geistes, sondern um den anderen Anfang einer Dialektik des Ereignisses, in dem die philosophische Bejahung einer unaufhebbaren Kontingenz und deren fortgesetzte politische Erprobung in ein Widerspiel treten, das den Potenzialitäten der Kämpfe neue Spielräume öffnet.

 
1. Der Zug des Minoritär-Werdens

Ohne Zweifel haben sich auch Foucaults Weggefährten Gilles Deleuze und Félix Guattari dem Versuch verschrieben, „nietzscheanische Kommunisten“ zu werden. Dabei geben sie der klassisch-marxistischen Bestimmung der Geschichte als einer Geschichte sich antagonistisch zuspitzender Klassenkämpfe mit den Begriffen der Majorität, der Minoritäten und des Minoritär-Werdens eine nietzscheanische Drift. Allerdings meinen diese Begriffe keine Zahlenverhältnisse, sondern Kräftekonstellationen innerhalb von Macht-, Wissens- und Subjektivierungsverhältnissen („Dispositiven“) des Lebens, der Arbeit und der Sprache. Reguliert werden diese Dispositive je über eine Norm, einen Kode bzw. eine Konstante und ihnen zugehörende Verfahren der Disziplin und Kontrolle.[3] Analytisch können sie zu jedem gegebenen Zeitpunkt nach den besonderen Graden ihrer Normalisierung und De- bzw. Renormalisierung gefasst werden, die in spezifischer Hinsicht auch als solche ihrer De- und Reterritorialisierung bzw. ihrer De- und Rekodierung beschrieben werden können. Lässt sich die majoritäre Norm in der Formel „Mensch-männlich-weiß-Stadtbewohner-Sprecher einer Standardsprache“ fassen, stellen die von dieser Grundnorm abweichenden Normen bzw. Kodes oder Konstanten solche je einer besonderen Minorität dar.[4]

Der Unterschied zwischen Majorität und Minorität liegt darin, dass die Majorität zu keinem, eine Minorität aber jederzeit von einem „Werden“ ergriffen werden kann, das sich zunächst immer als eine Bewegung des Sich-der-Norm-Entziehens und deshalb der „Flucht“ beschreiben lässt. Stellen Frauen, Kinder, „Neger“ oder „Schizos“ Minoritäten eigener Norm dar, die ungeachtet der Zahl ihrer Elemente als Submengen der universellen Majorität „Mensch-männlich-weiß-Stadtbewohner-Sprecher einer Standardsprache „ fungieren, benennt das minoritäre Frau-, Kind-, „Neger-“ oder „Schizo-Werden“ subjektivierbare Potenzialitäten der Denormierung, Deterritorialisierung und/oder Dekodierung von Leben, Arbeit und/oder Sprache.

Politisch entscheidend ist dabei, dass Deleuze/Guattari die unabschließbare Vielfalt der Minoritär-Werden ausdrücklich einer universalgeschichtlichen Perspektive einschreiben, deren Möglichkeitsbedingung sie im Kapitalismus als dem Metadispositiv ausmachen, das Denormalisierung, Deterritorialisierung und Dekodierung zu seiner Regel macht: „In gewisser Weise hat der Kapitalismus alle Gesellschaftsformen heimgesucht, doch dies als ihr Schrecken verbreitender Alptraum, als ihre panische Angst vor Strömen, die sich ihren Kodes zu entziehen vermöchten.“[5] Der Klassenkampf kommt darin insoweit ins Spiel, als Deleuze/Guattari – in der Rezeptionsgeschichte sträflich übersehen – ausdrücklich anmerken, dass „die Macht der Minderheit, der Besonderheit (Singularität) ihr Vorbild oder ihr universelles Bewusstsein im Proletarier“ hat.[6] Ihre Grenze findet diese Macht dann allerdings im einzigartigen Vermögen des Kapitalismus, seine eigene Grenze stetig aufzuschieben, indem er die in der Folge von Denormalisierung, Deterritorialisierung und Dekodierung unvermeidlich aufbrechenden Krisen seiner Reproduktion durch Verfahren der Renormalisierung, Reterritorialisierung und Rekodierung in ebenso viele Gelegenheiten einer dann erweiterten Reproduktion verwandelt: „Letztlich ist es unmöglich, Deterritorialisierung und Reterritorialisierung zu unterscheiden, da sie sich wechselseitig enthalten oder die beiden Seiten ein und desselben Prozesses ausmachen.“[7] Entspricht diesem historisch bis heute evidenten Vermögen des Kapitalismus dann aber ein Unvermögen der Minoritär-Werden, ihre eigene Denormalisierung, Deterritorialisierung und Dekodierung definitiv über die ihnen im Kapital gesetzte Grenze hinauszutreiben, hängt alles davon ab, ob dieses Entsprechungsverhältnis als ein ontisch-vorläufiges (empirisches) zurückgewiesen oder als ontologisch-endgültiges (transzendentales) hingenommen wird. Gegenüber der Zweideutigkeit Deleuze/Guattaris gerade an dieser Stelle nimmt Foucault eine signifikante, politisch noch gar nicht ausgeschöpfte Verschiebung vor. Dabei bezieht auch er sich auf die den Mai 1968 artikulierenden Neuen Sozialen Bewegungen und verortet das von Deleuze/Guattari exponierte Frau-, Kind-, „Neger-“ und „Schizo-Werden“ in den Revolten gegen „die Macht der Männer über die Frauen, der Eltern über ihre Kinder, der Psychiatrie über die Geisteskranken, der Medizin über die Bevölkerung“ und ihre gemeinsame Frontstellung gegen die Macht „der staatlichen Verwaltung über die Lebensweisen der Menschen“:

a) Diese Revolten sind „transversal“ und brechen unabhängig von deren spezifischen Verfassung in sämtlichen modernen Gesellschaften auf.

b) Sie zielen direkt auf die alltägliche Machtausübung bzw. die jeweils nächsten Machtinstanzen und weisen deshalb den institutionell hierarchisierten Zugriff der staatlichen und nichtstaatlichen Administrationsapparate auf Individuen, Gruppen und Bevölkerungen zurück.

c) Sie wenden sich nicht prinzipiell gegen die Wissenschaft und die modernen Kommunikationstechnologien, sondern gegen die asymmetrische bzw. exklusive Verteilung und Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten und gegen die Koalition von Wissenschaft, Machtapparatur und kapitalistischen Verwertungsinteressen.

d) Sie hinterfragen in unterschiedlicher Weise die Identität und den Status des Individuums, fordern einerseits ein Recht auf existenzielle Autonomie, Singularität und Differenz, weisen andererseits Verfahren und Einrichtungen der Isolierung der Subjekte voneinander zurück und werden deshalb genau besehen „nicht für oder gegen das ‚Individuum’ ausgetragen, sondern gegen die ‚Lenkung durch Individualisierung’“.

e) Indem sie sich in dieser Weise der Normalisierung, Territorialisierung und Kodierung durch den „ökonomischen und ideologischen Staat“ und „die wissenschaftliche und administrative Inquisition“ entziehen, entfalten sie ihre Potenzialität nicht nur im direkten Widerstand gegen die apparative Herrschaft bestimmter Institutionen oder die strukturelle Herrschaft einer Klasse, sondern dem voraus in der Subversion einer besonderen „Technologie“ bzw. „Form“ der Macht: „Diese Form von Macht gilt dem unmittelbaren Alltagsleben, das die Individuen in Kategorien einteilt, ihnen ihre Individualität zuweist, sie an ihre Identität bindet und ihnen das Gesetz einer Wahrheit auferlegt, die sie in sich selbst und die anderen in ihnen zu erkennen haben.“

In einer im zweiten Schritt vorgenommenen Historisierung differenziert Foucault die biopolitischen Revolten dann je nach ihrem spezifischen Einsatz als Kämpfe gegen ethnische, soziale und religiöse Herrschaft, Kämpfe gegen ökonomische Ausbeutung und Kämpfe um Subjektivität. Dabei schreibt er den Feudalgesellschaften eine Hegemonie der Kämpfe gegen Herrschaft, der sich herausbildenden bürgerlichen Gesellschaft eine Hegemonie der Kämpfe gegen Ausbeutung und der Gegenwart eine Hegemonie der Kämpfe um Subjektivität zu – „auch wenn der Kampf gegen Herrschaft und Ausbeutung nicht verschwunden ist, im Gegenteil“.[8]

Im Ertrag dieser Historisierung der Biopolitik gewinnt Foucault dann eine Perspektive auf den Prozess der Veränderung von Gesellschaft und Geschichte, die Max Weber näher steht als Marx und den uns nächsten strategischen Bezugspunkt in der Epoche der Reformation findet:

„[E]s ist nicht das erste Mal, dass unsere Gesellschaft sich mit Kämpfen dieses Typs konfrontiert sieht. All jene Bewegungen, die ihren Ausgang im 15. und 16. Jahrhundert nahmen und ihren Ausdruck wie auch ihre Rechtfertigung in der Reformation fanden, müssen als Anzeichen einer schweren Krise im westlichen Verständnis der Subjektivität und als Indiz einer Revolte gegen jene Form religiöser und moralischer Macht verstanden werden, welche dieser Subjektivität im Mittelalter Gestalt verliehen hatte. Das damals empfundene Bedürfnis nach einer direkten Beteiligung am spirituellen Leben, an der Heilsarbeit und an der Wahrheit der Bibel – all das zeugt von einem Kampf für eine neue Subjektivität.“[9]

Von hier aus wirkt dann auch die in der Rezeption oft unterbelichtete religionsgeschichtliche Dimension der „Existenzästhetik“ Foucaults erhellend. Indem er sich in deren Entwurf – hier wieder nah bei Deleuze/Guattari – der von Nietzsche, Heidegger und Bataille eröffneten „dionysischen“ Auflösung des „Problems des Atheismus“ (Nietzsche) anschließt und zugleich eine untergründige Verbindung zur politischen Ethik Kants herstellt, kann er die von verschiedener Seite unternommenen Versuche einer banalisierenden Reduktion der Existenzästhetik auf einen zwar libertären, doch a-politischen Individualismus überzeugend abwehren.[10] Dies gelingt ihm umso mehr, als er an dieser Stelle einen Selbstvorbehalt formuliert, in dem er sich ausdrücklich möglichen marxistischen Einwänden stellt:

„Man könnte sagen, bei all diesen Formen der ‚Objektivierung’ handele es sich um abgeleitete Erscheinungen, um die Folgen anderer, nämlich ökonomischer und sozialer Prozesse: der Produktivkräfte, Klassenkämpfe und ideologischen Strukturen, die den jeweiligen Subjektivitätstyp bestimmten.
Natürlich kann man die Mechanismen der ‚Objektivierung’ nicht erforschen, ohne deren Beziehungen zu den Herrschafts- und Ausbeutungsmechanismen zu berücksichtigen. Doch die Mechanismen der ‚Objektivierung’ bilden nicht einfach den ‚Endpunkt’ anderer, fundamentalerer Mechanismen. Vielmehr unterhalten sie komplexe, zirkuläre Beziehungen untereinander.“[11]

 
2. Der Zug der Multituden und Singularitäten

Allerdings: Im Gegenzug zur theoretisch im Prinzip gelungenen Auflösung seines Selbstvorbehalts scheiterten die Neuen Sozialen Bewegungen als erste Welle einer Neuen Reformation praktisch an genau den Problemen, die diesen Vorbehalt begründeten. Willentlich wie unwillentlich entkoppelt gleichermaßen von den Kämpfen gegen Ausbeutung wie von denen gegen Herrschaft wurden sie einem Modernisierungsschub funktional, in dem die durch Verfahren „äußerlich“ auferlegter Disziplinierung gelenkte „fordistische „ Formation des Kapitalismus durch eine „postfordistische „ Formation ersetzt wurde, die maßgeblich durch Verfahren „innerlich“ wirksamer (Selbst-)Kontrolle gelenkt wird. Bleibt die Funktionalisierung der Bewegungen partiell und ambivalent, da sie fortgesetzt durch Momente effektiver Befreiung gekreuzt wird, verstärkt das trotzdem die Produktivmachung ursprünglich widerständiger Impulse im Kapital und führt ihm immer wieder neu subjektive Zustimmung zu. Hinzu treten die aus der finalen Niederlage der real existierenden Sozialismen in der „Systemkonkurrenz“ des 20. Jahrhunderts resultierenden Ambivalenzen, die nicht zufällig bis in die eben aufgerufene religionsgeschichtliche Dimension der gesellschaftlichen Verhältnisse reichen – sofern dem Diskurs kapitalistischer Modernisierung eine prinzipielle Transzendenzverleugnung zugehört, die ihrerseits durch die Immanenzverachtung „fundamentalistischer“ Reaktionsbildungen verstärkt wird. yHier setzen je auf ihre Weise Hardt/Negri und Badiou/Žižek an. Dabei anerkennen Hardt/Negri zunächst ausdrücklich die poststrukturalistische Entgrenzung der Kritik der politischen Ökonomie, in deren Linie auch sie die aktuelle Formation des Kapitalismus (a) durch die aus dem Primat der immateriellen (informationellen ebenso wie affektiven) Arbeit resultierende Aufhebung der Trennung von Produktion und Reproduktion, (b) durch den damit verbundenen Übergang vom Primat der Disziplin zum Primat der (Selbst-)Kontrolle und (c) durch den Übergang von einer nationalstaatlich-imperialistischen zu einer transnational-imperialen governance bestimmen. Im doppelten Gegenzug zu Deleuze/Guattaris These von der unbegrenzten Fähigkeit des Kapitals zur produktiven Wendung seiner Krisen wie zu Foucaults relativer Distanzierung der Transformationen von Subjektivität von der politischen Ökonomie unterstellen sie den Prozess der Kapitalverwertung dann aber wieder einer eng an Marx anschließenden Dialektik. In dieser führt die Entwicklung der Produktivkräfte in einen Antagonismus zur kapitalistischen Produktionsweise, der nur in einer revolutionären Sprengung des Kapitalverhältnisses aufgelöst werden kann.[12] In der Konsequenz dieser Rückkehr zu Marx können sie die „Fluchten“ der Minoritär-Werden aus dem Dilemma der letztendlichen Ununterscheidbarkeit von De- und Reterritorialisierung sowie aus der identitätspolitischen Reduktion der Existenzästhetik auslösen und einer „materialistischen Teleologie“ einschreiben, die sich in der subjektiven Potenzialität der Multituden und Singularitäten zur autonomen Selbstorganisation des Ganzen der Produktion zugleich begründen und erfüllen soll.[13]

Holen Hardt/Negri mit dieser Rückbindung der a-teleologischen Minoritär-Werden an den teleologischen Klassenantagonismus zumindest im theoretischen Entwurf ein, was Deleuze/Guattari in der Erhebung des Proletarier-Werdens zum „Vorbild“ und „universellen Bewusstsein“ allen Minoritär-Werdens anklingen ließen, erben sie im selben Zug allerdings das die ganze Geschichte des Marxismus bestimmende Problem der Differenz zwischen dem bereits gegebenen An-sich- und dem noch ausstehenden Für-sich-Sein der subjektiven Potenzialität der Produktivkraftentwicklung. Kenntlich wird das daran, dass sie die eminente Subjektivierung dieser Potenzialität nicht anders als Marx, Lenin und Lukács in der Subjektposition der kommunistischen Militanten suchen. Da es ihnen darin aber nicht mehr um das Für-sich-Sein eines Klassenbewusstseins, sondern um das zwischen „Generation“ und „Korruption „ zu entscheidende Für-sich-Sein der biopolitischen Multituden und Singularitäten geht, wandeln Hardt/Negri die klassisch-marxistische Dialektik in eine „Aleatorik“ (von lat. alea ‚Würfel’, ‚Würfelspiel’) um, in der die Freisetzung der subjektiven Potenzialität am a-subjektiven, weil nicht-intendierbaren Einbruch eines Ereignisses hängt. Darunter verstehen sie – im Einklang mit der auf Heidegger zurückgehenden zeitgenössischen Ereignisphilosophie – die Verdichtung verschiedener Werdensprozesse in einer singulären Intensität, die geeignet ist, die Richtung dieser Werdensprozesse radikal abzulenken oder gar umzukehren.[14]

Die im zunehmenden Lyrismus der Formulierungen geradezu handgreifliche Schwäche dieser Lösung liegt dann aber darin, dass Hardt/Negri sich in berechtigter Absetzung vom ‚starken’ Ereignisbegriff Heideggers auf den erklärtermaßen ‚schwachen’ poststrukturalistischen Begriff einer unabschließbaren Vielfalt auch in sich selbst vielfältiger Ereignisse beziehen, der die ihm auf dem Feld einer Produktivkraftdialektik abverlangte teleologische Zuspitzung aber nicht einzulösen vermag. Will man am Ertrag der politökonomischen Redialektisierung der Minoritär-Werden ebenso festhalten wie am Versuch, die Schließung der zwischen dem An-sich- und dem Für-sich-Sein dieser Dialektik klaffenden Lücke der Potenzialität eines Ereignisses anzuvertrauen, geraten an dieser Stelle Badiou und Žižek in den Blick. Deren Einsatz liegt darin, die Generation der kommunistischen Militanten über einen Ereignisbegriff zu entfalten, der sich sowohl von einer in ihrem Ursprung definitiv festgelegten Teleologie wie von der A-Teleologie einer qualitätslosen Ereignisvielfalt freihält.

 
3. Der Zug der Militanz

Kennt Heidegger mit Beginn und Ende der „Seinsgeschichte“ im Grunde nur zwei und kennen Deleuze/Guattari demgegenüber ungezählt viele, letztlich aber um die Dimension ihres „Einbruchs“ gebrachte Ereignisse, ist deren Zahl bei Badiou zumindest im Feld der Politik auf einen Blick überschaubar, wo er vier „eigentliche „, mit den Jahreszahlen 1789, 1848, 1917 und 1968 benannte Ereignisse zulässt. Umfänglicher wird deren Zahl dann allerdings in zwei wesentlichen Hinsichten. Zum einen sind zur Menge der politischen Ereignisse noch die Ereignismengen der Wissenschaft, der Kunst und der Liebe hinzuzunehmen. Wichtig ist das deshalb, weil die Wahrheiten der Kunst, der Wissenschaft und der Liebe der von Badiou ausdrücklich behaupteten, doch nicht nur für liberale Ohren befremdlichen Unbedingtheit der Politik gleichermaßen unbedingte Grenzen setzen. Zum anderen führt Badiou in seinem zweiten Hauptwerk anstelle der für sein Denken bis dahin kennzeichnenden „rigiden Opposition“ zwischen bloß innerweltlicher Begebenheit („Situation“) und welterschließendem („eigentlichem „) Ereignis eine Gradualisierung ein, die es ihm erlaubt, in der konkreten Untersuchung konkreter historischer Vorgänge einerseits unendlich viele „Nuancen der Transformation“ einzuräumen und in Beantwortung der Frage „Wie kommt es, dass sich Welten wirklich verändern?“ andererseits an der Prominenz des einen „Punkts“ höchster Werdensintensität festzuhalten, dem allein Rang und Name des Ereignisses zukommt.[15] Dieser „Punkt“ qualifiziert sich vor den anderen Momenten eines Werdens dadurch, dass er in dessen Fluss an dem von ihm eingeräumten „Ereignisort“ die Ankunft einer singulären Wahrheit bezeichnet und den Prozess des Werdens damit in den Prozess dieser Wahrheit verwandelt.

Verdeutlichen lässt sich das an den hier über ihre Jahreszahl aufgerufenen politischen Ereignissen „eigentlichen“ Sinns. Artikulieren sie alle einerseits die universelle und in diesem Sinn „ewige“ Wahrheit der Politik, Gleichheit und Gerechtigkeit in actu zu sein, erfolgt die Wahrheitsartikulation andererseits in einem je einzigen, historisch immer nur a posteriori beschreibbaren Modus: 1789 im jakobinischen, 1848 im Modus der Kommunist_innen des marxschen Manifests, 1917 im bolschewistischen und 1968 im Modus der Neuen Linken.[16] Benannt werden die verschiedenen Modi je nach den Subjekten dieser Wahrheitsereignisse und -prozesse, die deshalb auch als Wahrheitssubjekte bezeichnet werden. Ein solches Subjekt ist eine wesentlich offene, weil nicht zu vereinheitlichende und in sich notwendig umstrittene Figuration, zu der im Fall des bolschewistischen Subjekts das revolutionäre Proletariat der großen russischen Städte, seine Verbindungen zu den aufständischen Soldaten und Bauern, zu den Organen und Versammlungen der Sowjetmacht, mit ihr die Kommunistische Partei, mit ihr die kommunistischen Militanten und in diesem Sinn zuletzt jede_r einzelne Militante gehören.

Wer aber entscheidet, was und wann ein Ereignis, was seine Wahrheit und wer sein Subjekt ist? Diese Frage führt in den Kern der Ereignisphilosophie Badious, an ihr hängen seine über die „Treue zum Ereignis“ und deren Differenz zum Verrat, zur Täuschung und zur Hybris entfaltete Ethik und die Differenzierung des Subjekts der Treue von den „reaktiven“ und den „obskuren“ Subjekten eines Ereignisses.[17] Wenn sie immer nur im „treuen“ Mit- und Nachvollzug eines Wahrheitsprozesses und folglich allein in „engagierter“ Perspektive zu beantworten ist, liegt das daran, dass die drei konstitutiven Momente eines jeden Prozesses – Ereignis, Wahrheit und Subjekt – zirkulär aufeinander verweisen, sofern sich die jeweilige Wahrheit ihrem Subjekt ereignishaft, das heißt in von ihm nicht intendierter und also „zwingender“ Weise zuspricht, während umgekehrt das Ereignis und seine Wahrheit nur im Zeugnis ihres Subjekts zur Sprache kommen können – eine Konstellation, von der schon Heidegger wusste: „Das Entscheidende ist nicht, aus dem Zirkel heraus-, sondern in ihn nach der rechten Weise hereinzukommen.“[18]

Die sich unmittelbar aufdrängende Frage, wie man denn nun „in rechter Weise“ in den Zirkel einer Wahrheit hineinkommt, beantwortet Badiou mit dem Begriff der déliaison, der ‚Ent-Bindung’, der direkt auf seine Kritik der Biopolitik führt.[19] Die Ent-Bindung ist der subjektive Effekt des Ereignisses und bezeichnet den Vorgang, in dem ein beliebiges anthropologisches Lebewesen überhaupt erst in die Position eines Subjekts gelangt. Im Modus der Ent-Bindung verstandene Subjektivierung ist ein Akt der (Ab-) Spaltung, in dem ein Subjekt sich vom „animalischen Leben“ und seinen Pathologien trennt, um von nun an als das Subjekt zu existieren, das es zuvor nicht war. Vom idealistischen Akt der Selbstsetzung des Subjekts ist die Ent-Bindung unterschieden, sofern sie eben nicht auf eine subjektive Intention, sondern auf die Gabe eines Ereignisses zurückgeht. Gilt das so auch und gerade für das politische Subjekt und also die Generation der Militanten, so ist für Badiou kategorisch festzuhalten: Das Subjekt der Politik kann kein biopolitisches Subjekt sein, weil es sich einem Akt der Ent-Bindung aus dem bios verdankt und dieser Akt als Gabe eines Ereignisses im bios nicht intendiert werden kann. Damit ist zugleich gesagt: Das Private und das Pathologische können gar nicht politisch sein, weil das Politische die Ent-Bindung aus allem Privaten und Pathologischen verlangt und eben deshalb alleinige Sache einer Militanten als der Träger_in und Zeug_in einer Wahrheit ist.

 
4. Der dialektische Zug

In den Logiken der Welten bringt Badiou die Differenz zwischen dem von ihm so benannten „demokratischen Materialismus“ als dem Horizont auch der Biopolitik im Sinne Deleuze/Guattaris, Foucaults und Hardt/Negris und seiner eigenen „materialistischen Dialektik“ in der Differenz ihrer ontologischen Generalthesen auf den Punkt. Lautet die des demokratischen Materialismus: „Es gibt nur Körper und Sprachen“, so ist die der materialistischen Dialektik um einen dritten Term erweitert: „Es gibt nur Körper und Sprachen, außer dass es Wahrheiten gibt.“[20] Ohne Zweifel versteht Badiou die Differenz der beiden Materialismen als eine unvermittelbare: Liegt ihre Gemeinsamkeit in der anti-idealistischen Reduktion des Seins auf Körper und Sprachen, so trennen sie sich unversöhnlich in Anerkennung oder Bestreitung der im Wahrheitsbezug begründeten Ent-Bindung des Subjekts von seiner Körper- und Sprachlichkeit. Die hier gleichermaßen gegen Badiou und Negri behauptete Möglichkeit einer Vermittlung dieser Differenz nimmt ihren Ausgang dann aber in einer Problematisierung von Begriff und Sache der Ent-Bindung.[21] Der Irrtum Badious liegt dabei nicht im Akt der Ent-Bindung selbst, sondern in der Weise seiner Verortung, in der er „Subjektivität“ und „Animalität“ bzw. Subjekt und bios in ein äußerliches Verhältnis setzt, anstelle die als solche unumgängliche Spaltung beider als Spaltung innerhalb des bios zu denken. Tatsächlich verläuft die Spaltung nicht wie Badiou unterstellt zwischen der Subjektivität einerseits und dem animalischen, pathologischen oder privaten Leben andererseits, sondern zwischen diesem Leben und einem gespaltenen Subjekt, das in sich Subjektivität und Animalität und darin Subjekt im Leben ist. Dass Badiou dies überspringt und deshalb zuletzt doch eine idealistische Position konstruiert, resultiert dann aber – wie seit Heidegger und bis zu Irigaray von jeder Dekonstruktion belegt – aus einer „Seinsvergessenheit „, die in ihrem Kern Vergessen und darin Verdrängung der Endlichkeit ist. Mit Endlichkeit ist dann nicht, wie Badiou suggeriert, das blanke Faktum des Ablebenmüssens und die mit ihm verbundene, philosophisch zu Recht zurückzuweisende Predigt des Sichbescheidens gemeint, sondern die Potenzialität eines im Sterbenkönnen erst vollzogenen Seins zum Tode wie eines im Geborenwerdenkönnen erst vollzogenen Seins zur Geburt als der Möglichkeitsbedingung der in Subjektivierungsprozessen auszutragenden „Wahrheit der Existenz“.[22]

Wenn mein dialektischer Zug hier seinen Ausgang nimmt, kann er sein eigenes Recht nicht zufällig an dem nur scheinbar paradoxen Umstand ausweisen, dass der Antivitalismus Badious mit den Vitalismen Negris und Deleuzes insoweit zusammenkommt, als sie gemeinsam dem Todesbegriff Lukrez’ zustimmen, der den Tod auf ein (Nicht-)Ereignis reduziert, das „mitnichten uns irgend berühren „ könne.[23] Ergibt sich das bei Badiou aus seinem Entwurf einer ‚Unsterblichkeit’ der Subjektivität und bei Negri wie Deleuze aus ihrem Entwurf der ‚Unsterblichkeit’ a-subjektiven Werdens, führt dies bei allen dreien in (untereinander allerdings verschiedener Weise) zur Trennung von Wahrheits- und Biopolitik: Ist Biopolitik für Badiou prinzipiell wahrheitslos und deshalb im eigentlichen Sinn des Worts überhaupt keine Politik, sperren sich Deleuze wie Negri dem von Badiou zu Recht aufgewiesenen Umstand, dass die Wahrheitsbejahung eine nicht-intendierte und derart ‚zwingende’ Ent-Bindung vom bios voraussetzt. Im Gegenzug darauf wird hier die Möglichkeit einer Biopolitik behauptet, die in sich schon deshalb Wahrheitspolitik ist, weil die Subjektivität ihrer Militanten in der Bejahung der „Wahrheit der Existenz“ ihren abgründigen Grund findet. „Es kommt also nicht darauf an“, heißt es dazu bei Žižek,

„den spezifisch menschlichen Modus der ‚Unsterblichkeit’ zu leugnen (die Teilnahme an einem Wahrheits-Ereignis, das eine Dimension aufrechterhält, die nicht auf die beschränkte, positive Seinsordnung reduziert werden kann), sondern im Gedächtnis zu behalten, inwieweit diese ‚Unsterblichkeit’ auf dem spezifischen Modus menschlicher Sterblichkeit beruht.“[24]

Ihre politische Konkretion findet diese existenzial-materialistische Dialektik im Streit um die Wahrheit des Mai-Ereignisses und der ihm entspringenden Wahrheitspolitik. Kann diese tatsächlich als Wahrheitspolitik im Sinn Badious rekonstruiert werden, darf ihr spezifischer Gehalt dennoch nicht auf die (post-)maoistische Deutung verengt werden, die er ihr verleiht. Vielmehr sind all die Züge der Mai-Bewegung und der ihr folgenden Neuen Sozialen Bewegungen, denen Deleuze/Guattari, Foucault und Hardt/Negri ebenso verbunden sind wie Irigaray und überhaupt der Feminismus, ausdrücklich als Zeugnis der Wahrheit des Mai zu denken. Dazu ist – analog zum Verhältnis von Wahrheit und bios – der von Badiou fortgeschriebene Primat des Politischen nicht mehr als äußerlicher Einspruch gegen Biopolitik zu verstehen, sondern selbst und eigens im biopolitischen Feld zu erheben. Die bloß konstatierende Formel „Das Private/das Pathologische ist politisch“ wäre dann so in die Direktive „Politisiert das Private/das Pathologische!“ umzuschreiben, dass die Ent-Bindung politischer Militanz nicht als Wendung ‚gegen’ das Leben, sondern selbst als Lebensform, Lebensweise und Potenzialität des Lebens verstanden werden kann – mit Foucault gesprochen: als Ästhetik der Existenz. In der können dann auch – das ist die hier vorgeschlagene Wette – die strategischen Bestimmungen gefunden werden, um das Spiel der De- und Reterritorialisierungen in der Politik – und mit Absicht nur dort – antagonistisch zuzuspitzen. Nicht zufällig werden diese Bestimmungen denen folgen, in denen Marx und Engels im Manifest die Rolle der Kommunist_innen fassen. Um diese zu guter Letzt bündig ins Gedächtnis zurückzurufen: Die Kommunist_innen bilden keine besondere politische Formation neben den anderen Formationen der Multituden und haben keine von den anderen Singularitäten getrennten Interessen. Sie finden ihre Auszeichnung darin, in allen besonderen Kämpfen das Gemeinsame aller Kämpfe und damit „in der gegenwärtigen Bewegung zugleich die Zukunft der Bewegung“ zu artikulieren.[25] Was in Treue zu beweisen bleibt.

 

 


[1] Foucault, Michel: „Gespräch mit Ducio Trombadori“, in: Ders.: Schriften in vier Bänden. Dits et Ecrits, Band IV: 1980–1988, Frankfurt/M. 2005, S. 51–118. Wenn Foucault sich im selben Zug von diesem „lächerlichen“ Vorhaben distanziert, bezieht sich das nicht auf das Zusammenbringen des Denkens von Marx und Nietzsche, sondern auf die nach nur einem Jahr aufgegebene Idee, den Ort dafür in der Parti Communiste Français zu finden.

[2] Umschloss Foucaults Begriff der Biomacht in der Folge seines weiten Machtbegriffs Strategien der Herrschaft wie des Widerstands gegen Herrschaft, haben Hardt/Negri dies terminologisch differenziert und Herrschaftsstrategien als solche der Biomacht, den Widerstand gegen Herrschaft als Biopolitik bezeichnet. – Der Begriff des ‚Pathologischen’ wird hier nicht im Sinn eines wie immer auch ‚Krankhaften’, sondern im Sinn Kants verwendet, nach dem er Handlungen umfasst, die sich primär einem „Gefühl der Lust und Unlust“ und damit dem bios verdanken, im Unterschied zu Handlungen, die vom moralischen Gesetz und damit rein aus der Subjektivitat erwirkt werden; vgl. Kant, Immanuel: Kritik der reinen Vernunft 2, Werkausgabe Bd. 4, hrsg. von Wilhelm Weischedel, Frankfurt/M. 1974, A534/B562 bzw. A802/B830. So verstanden, kann die Formel „Das Private ist politisch!“ auch mit „Das Pathologische ist politisch!“ umschrieben werden.

[3] Zu den Begriffen Majorität, Minorität und Minoritär-Werden vgl. die gemeinsam verfassten Schriften Gilles Deleuzes und Félix Guattaris und Deleuzes gemeinsam mit Claire Parnet verfassten Band Dialoge (übers. von Bernhard Schwibs, Frankfurt/M. 1980). Den Begriff der Macht-Wissen-Subjektivierungs-Dispositive entfaltet Foucault in den Bänden 2 (Der Gebrauch der Lüste) und 3 (Die Sorge um sich) von Sexualität und Wahrheit, beide Frankfurt/M. 1986, sowie in den sie begleitenden kurzen Texten und Vorlesungen, unter denen einer der letzten Vorlesungen eine herausragende Stellung zukommt (vgl. Foucault, Michel: Hermeneutik des Subjekts. Vorlesung am Collège de France 1981–1982, übers. von Ulrike Bokelmann, hrsg. von Francois Ewald, Frankfurt/M. 2004). Die Verortung der Macht-Wissens-Subjektivierungs-Dispositive in Leben, Arbeit und Sprache stellt den Zusammenhang der Subjektivierungshermeneutik Foucaults zu den vorausgehenden Genealogien und Archäologien her, vgl. in nuce Foucault, Michel: Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften, übers. von Ulrich Koppen, Frankfurt/M. 1971. Die Differenz der Begriffe Disziplin und Kontrolle entfaltet Deleuze im „Postskriptum über die Kontrollgesellschaft“, übers. von Gustav Rosler, in: Ders.: Unterhandlungen 1972–1990, Frankfurt/M. 1993, S. 243–253.

[4] Deleuze, Gilles: Kleine Schriften, übers. von K.D. Schacht, Berlin 1980, S. 27, sowie Deleuze, Gilles und Guattari, Félix: Tausend Plateaus. Kapitalismus und Schizophrenie 2, übers. von Gabriele Ricke und Ronald Voullie, Berlin 1992, S. 147f. und pass.

[5] Deleuze, Gilles und Guattari, Félix: Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie 1, übers. von Bernd Schwibs, Frankfurt/M. 1974, S. 178, im Zusammenhang S. 177f. und in nuce noch einmal S. 195f.

[6] Deleuze und Guattari: Tausend Plateaus, a.a.O., S. 148 und S. 653.

[7] Deleuze und Guattari: Anti-Ödipus, a.a.O., S. 333, vgl. außerdem S. 296ff. und pass.

[8] Foucault, Michel: „Subjekt und Macht“, übers. von Michael Bischoff, in: Ders.: Schriften in vier Banden. Dits et Ecrits, Band IV: 1980–1988, Frankfurt/M. 2005, S. 269–294, hier S. 273ff.

[9] Ebd.; vgl. auch ebd. S. 117 sowie schon den früheren Text: Foucault, Michel: Was ist Kritik?, übers. von Walter Seitter, Berlin 1992, S. 58.

[10] Vgl. dazu exemplarisch Foucault, Michel: „Nietzsche, die Genealogie, die Historie“, übers. von Michael Bischoff, in: Ders.: Schriften in vier Bänden. Dits et Ecrits, Band II: 1970–1975, Frankfurt/M. 2002, S. 166–191.

[11] Foucault, „Subjekt und Macht“, in: Schriften IV, a.a.O., S. 276. Unter ‚Objektivierung’ sind hier die in Disziplin wie Kontrolle umgesetzten Effekte von Norm, Konstante oder Kode zu verstehen.

[12] Vgl. Marx, Karl: „Kritik der politischen Ökonomie“, in: Marx-Engels-Werke, Bd. 13, Berlin 1961, S. 8.

[13] Vgl. Hardt, Michael und Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung, übers. von Thomas Atzert und Andreas Wirthensohn, Frankfurt/M., New York 2002, S. 61, S. 65, S. 76–79, S. 98, S. 139, S. 214, S. 375f., S. 412; auf S. 403 wird die materialistische sogar als „theurgische“ Teleologie bezeichnet.

[14] Zur Generation und Korruption der Multituden vgl. ebd., S. 377–400 sowie S. 361–376; zur Verdichtung dieser Dialektik in der Generation der Militanten ebd., S. 418ff. Zum Ereignisbegriff vgl. einerseits systematisch Negri, Antonio: Time for Revolution, übers. von Matteo Mandarini, London 2003, andererseits Hardt, Michael und Negri, Antonio: Common Wealth. Das Ende des Eigentums, übers. von Thomas Atzert und Andreas Wirthensohn, Frankfurt/M., New York 2010, ab S. 321. Konkretisiert wird Negris Ereignis-Begriff schließlich im Interview-Band von Antonio Negri und Raf Valvola Scelsi: Goodbye, Mr. Socialism. Das Ungeheuer und die globale Linke, übers. von Thomas Atzert, Berlin 2009, mit dem mehr als bedauerlichen Nachteil, nicht explizit Thema zu werden.

[15] Vgl. Badiou, Alain: Logiken der Welten. Das Sein und das Ereignis 2, übers. von Heinz Jatho unter Mitarbeit von Arno Schubbach, Zürich, Berlin 2009, S. 385, im Zusammenhang vgl. S. 379–422; zur „Theorie der Punkte“ vgl. ebd., S. 423–450.

[16] Vgl. u.a. Badiou, Alain: Über Metapolitik, übers. von Heinz Jatho, Zürich, Berlin 2003, S. 109ff.

[17] Badiou, Alain: Ethik. Versuch über das Bewusstsein des Bösen, übers. von Jurgen Brankel, Wien 2003. Zu den drei möglichen Subjektivierungen eines Ereignisses vgl. Badiou: Logiken der Welten, a.a.O., S. 61–110. Um die Triade des treuen, des reaktiven und des obskuren Subjekts wenigstens grob verständlich zu machen, kann sie im aufgerufenen Beispiel des bolschewistischen Prozesses als Triade des bolschewistischen (Treue), des sozialdemokratischen und liberalen (Reaktion) und des faschistischen (Obskuranz) Subjekts erläutert werden, wobei alle Subjektivierungen des Ereignisses ‚Oktoberrevolution’ sind.

[18] Heidegger, Martin: Sein und Zeit, Tübingen 1984, S. 153.

[19] Vgl. u.a. Badiou: Über Metapolitik, a.a.O., S. 79ff.; Badiou, Alain: Ist Politik denkbar?, übers. von Frank Ruda und Jan Volker, Berlin 2010, S. 25ff.; Badiou, Alain: Deleuze. „Das Geschrei des Seins“, übers. von Gernot Kamecke, Zürich, Berlin 2003, S. 117.

[20] Badiou: Logiken der Welten, a.a.O., S. 17 bzw. S. 20.

[21] Die folgende Argumentation nimmt auf, was ich bereits in meinem Aufsatz „Figurationen der Ent-Bindung“ ausgeführt habe (in: Knipp, Jens und Meier, Frank (Hg.): Treue zur Wahrheit. Die Begründung der Philosophie Alain Badious, Münster 2010, S. 11–41; vgl. dazu auch Žižek, Slavoj: Die Tücke des Subjekts, übers. von Eva Gilmer u.a., Frankfurt/M. 2001, S. 216–230 und pass.).

[22] Heidegger: Sein und Zeit, a.a.O., S. 221, S. 297 und S. 307f. Luce Irigaray hat dem von Heidegger exponierten Sein zum Tode das Sein zur Geburt und mit ihm die sexuelle Differenz vorausgesetzt, vgl. u.a. Irigaray, Luce: The Forgetting of Air in Martin Heidegger, übers. von Mary Beth Mader, Austin 1999.

[23] Lukrez: Über die Natur der Dinge, Drittes Buch, http://www.textlog.de/lukrez-natur-tod.html (aufgerufen: 15. 2. 2011). Badiou, Deleuze und Negri haben sich ihre Übereinkunft in Sachen Lukrez auch ausdrücklich bestätigt, vgl. Badiou, Alain: Gott ist tot. Kurz Abhandlung über eine Ontologie des Übergangs, übers. von Jurgen Brankel, Wien 2002, S. 59, und Negri, Antonio: Ready-Mix. Vom richtigen Gebrauch der Erinnerung und des Vergessens, übers. von Henning Teschke, Berlin 1998, S. 56ff.

[24] Žižek: Die Tücke des Subjekts, a.a.O., S. 225.

[25] Marx, Karl und Engels, Friedrich: „Manifest der Kommunistischen Partei“, in: Marx-Engels-Werke, Bd. 4, Berlin 1959, S. 474ff. bzw. S. 492. Für eine systematische Entfaltung dieses ‚Punkts’ vgl. Seibert, Thomas: Krise und Ereignis. Siebenundzwanzig Thesen zum Kommunismus, Hamburg 2009.