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10 2006

Geopolitik der Zuhälterei

Suely Rolnik

Übersetzt von Krisztina Dér und Gerald Raunig

Scharfe Winde der Kritik fegen wieder über das Territorium der Kunst seit Mitte der 1990er Jahre. Mit unterschiedlichen Strategien, von den am stärksten pamphlethaften und kunstfernen bis hin zu den überzeugendsten ästhetischen, hat diese in der Luft der Zeit liegende Bewegung einen ihrer Ursprünge im Unbehagen an der Politik, die die Prozesse der Subjektivierung regiert, vor allem den Platz der/s Anderen und das Schicksal der Schaffenskraft – jene Politik, die charakteristisch ist für den Finanzkapitalismus, der sich Ende der 1970er Jahre auf dem Planeten etabliert hat.

In Brasilien entfaltete sich diese Bewegung interessanterweise erst um die Jahrhundertwende, durch die Initiative von einigen VertreterInnen einer jungen KünstlerInnengeneration, die damals auch in der Öffentlichkeit sichtbar wurde und sich regelmäßig in so genannten „Kollektiven“ organisierte. Noch neuer ist der Dialog zwischen dieser lokalen Bewegung und der seit wesentlich längerem geführten Diskussion außerhalb des Landes.[1] Heute findet diese Thematik sogar in der brasilianischen institutionellen Landschaft Aufnahme, als Folge dessen, was sich außerhalb des Landes ereignet, wo die künstlerische Praxis, die diese Fragen behandelt, zum „Trend“ in offiziellen Kreisen wurde – ein der Logik der Medien entsprechendes Phänomen mit seinem Marktprinzip, das einen großen Teil der aktuellen künstlerischen Produktion steuert. In dieser Verschiebung wird die kritische Dichte der betreffenden Fragen in der Regel aufgelöst, um zu einem neuen Fetisch gemacht zu werden, der das institutionelle System der Kunst und die Gier des von ihm abhängigen Marktes nährt.

Es stellen sich einige Fragen angesichts des Aufkommens dieser Thematik auf dem Gebiet der Kunst. Was haben Fragestellungen wie diese hier zu suchen? Warum sind sie in der künstlerischen Praxis immer häufiger zu beobachten? Und warum tauchen sie in Brasilien erst jetzt auf? Welche Interessen werden von Institutionen verfolgt, wenn sie sich diese Themen einverleiben? An dieser Stelle werde ich einige denkbare Wege für die Diskussion dieser Fragen skizzieren.

Zumindest zwei Voraussetzungen bestimmen die Entscheidung für diese Wege. Die erste basiert auf der Idee, dass Fragen stets auf der Grundlage von Problemen entstehen, die sich in einem singulären Kontext stellen, so wie sie auch auf unsere Körper einwirken und dabei Veränderungen im Gewebe unserer Sinnesvermögen und in der Folge eine Sinnkrise unserer Referenzen hervorrufen. Es ist die Unruhe der Krise, die die Denkarbeit auslöst – ein Schaffensprozess, der sich auf vielfältige Art und Weise ausdrücken lässt: verbal (theoretisch oder literarisch), aber auch in bildhafter, musikalischer, cinematografischer oder aber in einer rein existenziellen Form. Welche Ausdrucksform auch immer, wir denken/schaffen, weil uns etwas aus unserem Alltagsleben zwingt, neue Formen des Möglichen zu erfinden, um die Veränderung der Sinne, die sich freie Bahn in die Alltagserfahrung verschafft, in die Landkarte der Bedeutung einzufügen. All dies hat nichts mit dem narzisstischen Anspruch zu tun, sich in den „Trend“ des Augenblicks einzureihen, um institutionelle Anerkennung und/oder mediales Prestige zu gewinnen.

Die Besonderheit der Kunst als Produktionsmodus des Denkens liegt darin, dass sich die Transformationen des Gefüges der Sinne in der künstlerischen Handlung verkörpern und sich selbst lebendig in ihr präsentieren. Daher die Macht der Ansteckung und der Transformation, deren potenzielle Trägerin diese Handlung ist: Sie bringt die Welt zum Funktionieren und gestaltet ihre Landschaft neu. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass die Kunst die Gegenwart erforscht und an den Veränderungen, die sich aktuell vollziehen, teilhat. Wenn wir das Denken aus dieser Perspektive verstehen und Kunst als eine Denkform anerkennen, dann kann das Beharren auf diesen Themen im Territorium der Kunst ein Zeichen dafür sein, dass sich die Politik der Subjektivierung – und insbesondere der Beziehung zum/r Anderen und des kulturellen Schaffens – in der Krise befindet und dass auf diesem Gebiet Transformationen im Gange sind. Wollen wir die oben gestellten Fragen beantworten, so können wir die Problematisierung dieser Krise und des Veränderungsprozesses, den sie voraussetzt und mit sich bringt, nicht vermeiden.

Die zweite Voraussetzung ist, dass das Denken dieses problematischen Feldes eine transdisziplinäre Betrachtungsweise erfordert, da hier unzählige Realitätsschichten miteinander verwoben sind, sowohl auf der makropolitischen (Fakten und Lebensstile in ihrer formalen, soziologischen Äußerlichkeit) als auch auf der mikropolitischen Ebene (Kräfte, die die Realität erschüttern, ihre Formen auflösen und andere hervorbringen, in einem Prozess, der Begehren und Subjektivität mit einschließt). Im Folgenden werden Bestandteile der Kartographie dieses Prozesses aufgezeigt, entworfen aus einer im Wesentlichen mikropolitischen Perspektive.

 
Auf der Suche nach der Verwundbarkeit

Eines der Probleme der Politik der Subjektivierung, mit dem sich die künstlerische Praxis konfrontiert sieht, ist die Betäubung unserer Verwundbarkeit gegenüber dem/r Anderen – eine umso unheilvollere Betäubung, als diese/r Andere in der festgelegten Kartographie als hierarchisch untergeordnet dargestellt wird, aufgrund seiner/ihrer wirtschaftlichen, sozialen, ethnischen oder irgendeiner anderen Lage. Doch Verwundbarkeit ist die Vorbedingung dafür, dass der/die Andere aufhört, ein einfaches Projektionsobjekt für vorgefertigte Bilder zu sein, um eine lebendige Präsenz zu gewinnen, mit der wir unsere Existenzterritorien und die wechselnden Konturen unserer Subjektivität schaffen. Nun, verwundbar zu sein hängt von der Aktivierung einer spezifischen Fähigkeit der Sinne ab, die über Jahrhunderte unterdrückt wurde und lediglich in bestimmten philosophischen und poetischen Traditionen bestehen bleiben konnte. Diese Traditionen erreichten ihren Höhepunkt in den Kunst-Avantgarden am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die die Kunst im 20. Jahrhundert maßgeblich beeinflussten. Sie wurden dann weitgehend durch das soziale Gewebe verbreitet und hörten vor allem ab den 1960er Jahren auf, ein Privileg der kulturellen Elite zu sein. Nach den neuesten Erkenntnissen der Neurowissenschaft ist jedes einzelne unserer Sinnesorgane Träger einer doppelten Fähigkeit: einer kortikalen und einer subkortikalen Fähigkeit[2].

Die erste entspricht der Wahrnehmung, die uns die Welt in ihren Formen zu verstehen erlaubt, um sodann die uns verfügbaren Repräsentationen auf diese zu projizieren und ihnen einen Sinn zu verleihen. Diese uns vertraute Fähigkeit gehört zum Reich der Zeit, der Geschichte und der Sprache. Mit ihr entstehen die deutlich abgegrenzten Figuren des Subjekts und des Objekts, die eine Beziehung der Äußerlichkeit zueinander aufrechterhalten. Diese kortikale Fähigkeit der Sinne erlaubt uns die Erhaltung der Landkarte der gültigen Repräsentationen, mit deren Hilfe wir uns in einem bekannten Szenario bewegen können, in dem die Dinge auf ihrem richtigen Platz bleiben, mit einem Mindestmaß an Beständigkeit.

Die zweite, die subkortikale Fähigkeit, die uns aufgrund ihrer historischen Unterdrückung weniger bekannt ist, ermöglicht uns, die Welt als ein Kräftefeld zu erfassen, das uns beeinflusst und sich in unserem Körper in Form von Empfindungen bemerkbar macht. Die Ausübung dieser Fähigkeit ist von der Geschichte des Subjekts und der Sprache getrennt. Durch sie wird der/die Andere eine lebendige Präsenz, die aus einer veränderlichen Mannigfaltigkeit von Kräften besteht, welche in unserem empfindlichen Gewebe pulsieren und so ein Teil von uns werden. Hier lösen sich die Figuren des Subjekts und des Objekts auf und mit ihnen auch das, was den Körper von der Welt trennt. Seit den 1980er Jahren, seit dem Buch, das gerade neu aufgelegt wurde[3], bezeichne ich diese zweite Fähigkeit unserer Sinnesorgane als „schwingenden Körper“ [corpo vibrátil]. Es ist unser Körper als Ganzes, der die Macht dieser Schwingungen gegenüber den Kräften der Welt besitzt.

Zwischen der Resonanzfähigkeit unseres Körpers und seiner Wahrnehmungsfähigkeit besteht eine paradoxe Beziehung, denn es handelt sich dabei um Formen des Verstehens von Realität, die ganz und gar unterschiedlichen Logiken unterliegen und nicht aufeinander zurückzuführen sind. Die Spannung dieses Paradoxon mobilisiert und treibt das Potenzial des Denkens/Schaffens in dem Maße an, wie die Empfindungen, die sich in das Gewebe unserer Sinne einfügen, Veränderungen bewirken, die durch die uns verfügbaren Repräsentationen unübertragbar sind, und somit eine Krise unserer Referenzen auslösen. So integrieren wir die uns von der Welt gegebenen Zeichen in unsere Körper, und durch ihren Ausdruck fügen wir sie in unsere Existenzterritorien ein. Bei diesem Eingriff wird eine gemeinsame Landkarte von Referenzen hergestellt, diesmal mit neuen Konturen. Angetrieben von diesem Paradoxon sind wir immerfort zum Denken/Schaffen gezwungen. Die Ausübung des Denkens/Schaffens besitzt also die Macht, in die Realität einzugreifen und an der Steuerung ihres Schicksals teilzuhaben. Sie stellt dadurch ein wesentliches Instrument zur Transformation der subjektiven und objektiven Landschaft dar.

Das Gewicht jeder einzelnen dieser Arten von Wissen über die Welt ist, ebenso wie die Beziehung zwischen ihnen, veränderbar. Also ist auch der Platz des/r Anderen veränderbar entlang der Politik der Beziehung zu ihm oder zu ihr. Letztere bestimmt ihrerseits eine Subjektivierungsweise. Es ist bekannt, dass Politiken der Subjektivierung im Rahmen historischer Transformationen verändert werden, denn jedes Regime hängt von einer spezifischen Form der Subjektivität ab, um im Alltag jeder/s Einzelnen erfahrbar zu sein. Auf diesem Terrain gewinnt ein Regime existenzielle Beständigkeit und Greifbarkeit; darum die Idee von „Politiken“ der Subjektivierung. Im speziellen Fall des Neoliberalismus gewinnt jedoch die Strategie der Subjektivierung, der Beziehung zum/r Anderen und des kulturellen Schaffens eine wesentliche Bedeutung, denn sie bekommt eine zentrale Rolle in jenem Prinzip, das die zeitgenössische Version des Kapitalismus regiert. Dieses Regime ernährt sich hauptsächlich von den subjektiven Kräften insbesondere des Wissens und des Schaffens und wird deswegen heute als „kognitiver“ oder „kultureller Kapitalismus“ bezeichnet.[4] Unter Berücksichtigung dieser Merkmale kann ich jetzt eine Kartographie der Veränderungen entwerfen, die die Kunst dazu gebracht haben, bestimmte Fragestellungen zu thematisieren. Als Ausgangspunkt wähle ich dabei die 1960er und 1970er Jahre.

 
Geburt einer flexiblen Subjektivität

Bis zu Beginn der 1960er Jahre lebten wir in der Ära des disziplinarischen Fordismus, der seinen Höhepunkt im in der Nachkriegszeit seinen Siegeszug feiernden american way of life erreichte. In der Subjektivität herrschten hier die Identitätspolitik und die Ablehnung des schwingenden Körpers vor. Diese zwei Aspekte sind in der Tat untrennbar miteinander verbunden, denn nur in dem Maße, wie wir unsere Verwundbarkeit betäuben, können wir ein beständiges Bild von uns selbst und der/s Anderen – das heißt, unsere vermeintlichen Identitäten – aufrechterhalten. Ohne diese Betäubung sind wir fortwährend deterritorialisiert und werden dazu gezwungen, die Konturen unseres Selbst und unserer Existenzräume neu zu zeichnen. Bis zu diesem Zeitpunkt wirkte die schöpferische Vorstellungskraft hauptsächlich, indem sie an den Rand des Geschehens rückte. Dies endete in den 1960er und 1970er Jahren, als Ergebnis der kulturellen Bewegungen, die das Regime problematisierten und „Fantasie an die Macht“ (l’imagination au pouvoir) forderten. Diese Bewegungen stürzten die damals vorherrschende Subjektivierungsweise in die Krise. Mit ihr wurde auch die gesamte viktorianische Familienstruktur mitgerissen, die sich auf ihrem hollywoodianischen Höhepunkt befand und bis dahin die Stütze des Regimes gewesen war, das in diesem Moment seine Vormachtstellung zu verlieren begann. Eine „flexible Subjektivität“[5] wird geschaffen, begleitet von einem radikalen Experimentieren mit neuen Formen der Existenz und des Kulturschaffens, um die bourgeoise Lebensart in ihrer Begehrenspolitik mit ihrer Logik der Identität, ihrem Verhältnis zum Anderssein und ihrer Kultur zu zerschlagen. In der daraus entstehenden so genannten „Gegenkultur“ werden Ausdrucksformen für den vom Anderssein der Welt betroffenen schwingenden Körper geschaffen, um die Problematiken der Zeit in den Griff zu bekommen. Die so geschaffenen Formen tendieren dazu, die Einverleibung jener Kräfte durch die Subjektivität zu fördern, die das Umfeld erschüttern und die Subjektivität deterritorialisieren. Das Erscheinen dieser Formen ist mit einem Anders-Werden sowohl seiner selbst als auch des eigenen Umfeldes untrennbar verbunden. So kann festgestellt werden, dass die Schaffung dieser neuen Territorien mit dem öffentlichen Leben zusammenhängt, und zwar im starken Sinne des Wortes: der kollektiven Realitätskonstruktion, die angetrieben wird von den Spannungen, die die gültige Kartographie destabilisieren, die jedoch genauso den Körper jeder/s Einzelnen beeinflussen und ihren Ausdruck ausgehend von diesen Einflüssen finden. Mit anderen Worten: Was jede/r Einzelne ausdrückt, ist die aktuelle Lage der Welt – ihre Bedeutung, aber vor allem auch ihre Bedeutungslosigkeit –, wie sie sich im Körper lebendig präsentiert. Der einmalige Ausdruck jedes/r Einzelnen hat so am unendlichen Entwurf einer notwendigerweise kollektiven Kartographie teil.

Heute sind diese Veränderungen gefestigt. Das Szenario unserer Zeit ist ein anderes: Wir stehen nicht mehr unter einem Identitätsregime, die Politik der Subjektivierung ist nicht mehr dieselbe. Wir alle verfügen über eine flexible und prozesshafte Subjektivität, wie sie von jenen Bewegungen eingeführt wurde – und unsere Schaffenskraft in all ihrer experimentellen Freiheit wird nicht nur wahrgenommen und begrüßt, sie wird auch angeregt, gefeiert und oft sogar verherrlicht. Doch es gibt in all dem ein „aber“, das keineswegs unwichtig ist: Das häufigste Schicksal dieser subjektiven Flexibilität und der Schaffensfreiheit, die sie begleitet, ist heute nicht die Erfindung ausdrucksvoller Formen, die – angetrieben von Empfindungen – die Auswirkungen der Existenz des/r Anderen in unserem schwingenden Körper betonen. Was uns in der Schaffung von Territorien in unserer post-fordistischen Flexibilität anleitet, ist eine fast hypnotische Identifikation mit den Bildern der Welt, die durch Werbung und Massenkultur verbreitet werden.

Wenn nun den Subjektivitäten, die durch die Deterritorialisierung geschwächt wurden, bereits fertige Territorien angeboten werden, dann tendieren diese Bilder dazu, die Unruhe dieser Subjektivitäten zu beruhigen, und tragen so zur Taubheit ihres schwingenden Körpers bei und folglich auch zu einer Unverwundbarkeit gegenüber den Affekten der Zeit, die sich in ihm manifestieren. Doch das ist vielleicht gar nicht der unheilvollste Aspekt dieser Politik der Subjektivierung, sondern viel eher die Botschaft, die von diesen Bildern grundsätzlich übertragen wird, unabhängig von ihrem Stil oder ihrem Zielpublikum. Es handelt sich um die Idee, dass es Paradiese gibt und dass diese sich nun nicht mehr jenseits der Welt befinden, sondern in ihr, und vor allem, dass manche das Privileg hätten, sie zu bewohnen. Und viel mehr noch: Diese Bilder transportieren die Illusion, dass wir eine dieser VIPs sein könnten, wenn wir nur all unsere Lebensenergie investierten – Begehren, Zuneigung, Wissen, Intellekt, Erotik, Vorstellungskraft, Handlung etc. –, um diese virtuellen Zeichenwelten in unserem Dasein zu verwirklichen, und zwar durch den Konsum von Objekten und Dienstleistungen, die uns dargeboten werden.

Wir stehen vor einem neuen Elan für die Idee des Paradieses in den jüdisch-christlichen Religionen: die Fata Morgana eines beschaulichen und beständigen Lebens unter perfekter Kontrolle. Diese Art der Sinnestäuschung hat ihren Ursprung in der Ablehnung der Verwundbarkeit gegenüber dem/r Anderen und den von ihr ausgelösten deterritorialisierenden Turbulenzen; sowie auch in der Geringschätzung der Zerbrechlichkeit, die notwendigerweise aus dieser Erfahrung folgt. Diese Zerbrechlichkeit ist für uns jedoch unabdingbar, denn sie zeigt die Krise eines gewissen Diagramms der Sinne, seiner Ausdrucksformen und seiner Kartographien der Bedeutung. Durch die Geringschätzung der Zerbrechlichkeit ruft diese nicht mehr das Begehren nach Gestaltung auf; im Gegenteil, sie ruft ein Gefühl der Demütigung und der Scham hervor, was zur Blockierung des Lebensprozesses führt. Mit anderen Worten: Die westliche Idee des gelobten Landes entspricht einer Absage an das Leben in der ihm immanenten Natur als Impuls des fortwährenden Schaffens und der Unterscheidung. In ihrer irdischen Version wird Gott in seinem Amt als Bürge der Verheißung vom Kapital abgelöst, und an die Stelle der Tugend, die uns bislang des Paradieses würdig machen konnte, tritt der Konsum: Dieser wiederum stellt den grundlegenden Mythos des fortgeschrittenen Kapitalismus dar. Angesichts dieses Hintergrundes wäre es zumindest ein Irrtum, zu behaupten, dass es uns heute an Mythen mangelt: Denn durch eben diesen unseren Glauben an den religiösen Mythos des Neoliberalismus werden die von diesem Regime erzeugten Bild-Welten zur konkreten Realität unserer eigenen Existenz.

 
Die flexible Subjektivität gibt sich ihrem Zuhälter hin

Anders ausgedrückt nimmt der „kognitive“ oder „kulturelle Kapitalismus“, der ursprünglich als Ausweg aus der Krise gedacht war, die von den Bewegungen der 1960er und 1970er Jahre ausgelöst worden war, die von diesen Bewegungen entworfenen Seinsformen auf und eignet sich die subjektiven Kräfte an, insbesondere das kreative Potenzial, das gerade im gesellschaftlichen Leben frei wurde. So kam das kreative Potenzial tatsächlich an die Macht, die bereits von den kulturellen Bewegungen gefordert wurde. Heute wissen wir jedoch, dass die Machtergreifung der Vorstellungskraft ein mikropolitischer Vorgang war und darin bestand, ihre Stärke zum Haupttreibstoff einer unersättlichen Hypermaschine der Kapitalproduktion und -akkumulation zu machen – bis zu dem Punkt, an dem von einer neuen Arbeiterklasse gesprochen werden kann, die von einigen AutorInnen als „Kognitariat“ bezeichnet wird[6]. Diese zuhälterische Kraft verwandelt den Planeten, und das mit einer exponenziellen Geschwindigkeit, in einen gigantischen Markt und macht seine BewohnerInnen zu hyperaktiven Zombies, integriert oder ausgeschlossen als menschliche Lumpen. In Wahrheit sind diese zwei gegensätzlichen Pole die voneinander abhängigen Früchte ein und derselben Logik, und all unsere Schicksale bewegen sich zwischen ihnen. Das ist die Welt, die gegenwärtig von der Vorstellungskraft geschaffen wird. Und es ist zu erwarten, dass die Politik der Subjektivierung und der Beziehung zum/r Anderen, die in diesem Szenario vorherrscht, eine äußerst armselige sein wird.

Heute, nach fast drei Jahrzehnten, können wir diese Logik des kognitiven, in der Subjektivität wirkenden Kapitalismus erkennen. Ende der 1970er Jahre jedoch, zu Beginn seines Entstehens, konnte sich das kollektive Experimentieren der vorangegangenen Jahrzehnte, das darauf abzielte, sich vom Muster der fordistischen und disziplinären Subjektivität zu befreien, nur schwer gegen seine Einverleibung in das neue Regime wehren. Die Konsequenzen dieser Schwierigkeit zeigen sich darin, dass das Klonen der von den kulturellen Bewegungen vorgeschlagenen Veränderungen von einem Großteil ihrer ProtagonistInnen gelebt wurde, als Zeichen der Anerkennung und Inklusion: Das neue Regime scheint sie nun von ihrer Randexistenz zu befreien, zu der sie in der „provinziellen“ Welt, die damals zusammenbrach, verurteilt waren. Auf die ErfinderInnen der Veränderungen vorangegangener Jahrzehnte, die geblendet waren von der Machtergreifung ihrer transgressiven und experimentellen Schaffenskraft, waren jetzt die verherrlichenden Scheinwerfer der Medien gerichtet, sie wurden in die Welt geworfen, ihre Taschen füllten sich mit Dollars, und dabei tappten sie oft in die Falle. Viele von ihnen gaben sich freiwillig der Zuhälterei hin, wurden so die eigentlichen SchöpferInnen, UnternehmerInnen und ErbauerInnen der für den und vom Kapitalismus im neuen Gewand erschaffenen Welt.

Diese Verwirrung ist zweifellos auf die Begehrenspolitik zurückzuführen, die für die Zuhälterei der subjektiven und kreativen Kräfte charakteristisch ist – eine Art von Machtverhältnis, die grundsätzlich durch den Zauber der Verführung entsteht. Der/die VerführerIn ruft in dem/r Verführten eine Idealisierung hervor, die ihn/sie betäubt und dazu bringt, sich mit dem/r VerführerIn zu identifizieren und zu unterwerfen: was bedeutet, sich mit dem/r Angreifenden zu identifizieren und sich ihm/ihr zu unterwerfen, angetrieben vom eigenen Begehren, in der Hoffnung, dass der/die VerführerIn Anerkennung und Einlass in seine/ihre Welt gewährt. Erst seit kurzem ist man sich dieser Situation bewusst, was in der Regel zum Bruch des Zaubers führt. Dies schimmert in den unterschiedlichen Strategien des individuellen und kollektiven Widerstandes durch, die in den letzten Jahren vermehrt zu beobachten sind, vor allem durch die Initiative einer neuen Generation, die sich nicht vollkommen mit dem vorgeschlagenen Existenzmodell identifiziert und seine Machenschaften erkennt. Natürlich kann die künstlerische Erfahrung – gerade durch ihre Eigenart als Ausdrucksform der Problematiken der Gegenwart, wie sie auch den Körper des Künstlers, der Künstlerin durchströmen – diesen Bewegungen gegenüber kaum gleichgültig bleiben. Ganz im Gegenteil, gerade aus diesem Grund tauchen seit Anfang der 1990er Jahre die bereits angesprochenen Fragen in der Kunst auf. Mit ihren unterschiedlichen Vorgehensweisen vollbringen diese Strategien einen Exodus aus dem Minenfeld, das sich zwischen den gegensätzlichen und einander ergänzenden Figuren von Luxus-Subjektivität und Müll-Subjektivität erstreckt, aus dem Feld, in das sich die menschlichen Schicksale im globalisierten Kapitalismus selbst einschließen. Und inmitten dieses Exodus werden andere Arten der Welt erschaffen.

 
Rentable Wunde

Doch die Schwierigkeit, der Verführung der Schlange im Paradies in ihrer neoliberalen Version zu widerstehen, wird in den Ländern Lateinamerikas und Osteuropas noch größer, denn diese lebten wie Brasilien zum Zeitpunkt der Einführung des Finanzkapitalismus in totalitären Regimes. Wir dürfen nicht vergessen, dass die demokratische Öffnung dieser Länder, die während der 1980er Jahre erfolgte, zum Teil dem Aufkommen postfordistischer Regimes zu verdanken war, für deren Flexibilität die Starrheit totalitärer Systeme ein Hindernis darstellte.

Würden wir die totalitären Regimes nicht aus der sichtbaren makropolitischen Perspektive behandeln, sondern aus der unsichtbaren mikropolitischen Sicht, so könnten wir feststellen, dass das Charakteristische für diese Regimes die pathologische Verhärtung des Identitätsprinzips ist. Dies trifft sowohl auf den rechten als auch auf den linken Totalitarismus zu, denn aus der Sicht der Politik der Subjektivierung waren diese Regimes gar nicht so unterschiedlich. Um sich an der Macht zu halten, gaben sie sich damit nicht zufrieden, die Ausdrücke des schwingenden Körpers, d. h. die kulturellen und existenziellen Formen einfach zu ignorieren, die – erzeugt in einer lebendigen Beziehung mit dem/r Anderen – die gültigen Kartographien immer wieder destabilisieren und uns deterritorialisieren. Gerade auch deshalb, weil das eigentliche Aufkommen dieser Regimes eine heftige Reaktion auf die Destabilisierung darstellt, wenn diese eine Toleranzgrenze der Subjektivitäten überschreitet, die sich unterwürfig an den Status quo angepasst haben; für sie bedeutet diese Grenze keinen Schaffensdruck, sondern ganz im Gegenteil den Druck, die errichtete Ordnung um jeden Preis zu erhalten. Auf eine zerstörerische Art konservativ, gehen die totalitären Staaten über die pure Nichtbeachtung oder Zensur der Ausdrücke des schwingenden Körpers hinaus: Sie versuchen, diese mit vollem Einsatz zu disqualifizieren und zu erniedrigen, bis die kreative Kraft, aus der die Ausdrücke entstehen, von diesem Terror so weit traumatisiert ist, dass sie sich selbst blockiert und auf ein Schweigen reduziert. Ein Jahrhundert der Psychoanalyse hat uns gezeigt, dass sich die Zeit der Konfrontationen mit einem Trauma diesen Ausmaßes und seine Verarbeitung über 30 Jahre hinweg ziehen kann.[7]

Es ist leicht vorstellbar, dass die Begegnung dieser beiden Regimes das Szenario gegenüber den Übergriffen des Zuhälters noch verwundbarer macht: Durch sein Eindringen in totalitäre Systeme verschaffte sich der kulturelle Kapitalismus aus der experimentellen Vergangenheit, die in vielen dieser Länder besonders kühn und einmalig war, einen Vorteil; doch auch und vor allem verschaffte er sich einen Vorteil aus den Wunden, die die kreativen Kräfte durch die Schläge erlitten hatten. Das neue Regime zeigt sich hier nicht nur als System, welches das Prinzip der Produktion von Subjektivität und der Kultur der Bewegungen der 1960er und 1970er Jahre aufnimmt und institutionalisiert, wie es in den USA und in den Ländern Westeuropas der Fall war. In den Diktaturen gewinnt es ein gewisses Mehr an Verführungsmacht hinzu: seine scheinbare Bestimmung als Retter, der die kreative Energie aus ihrem Joch befreit, um sie von ihrer geschwächten Verfassung zu kurieren und es ihr zu ermöglichen, sich zu reaktivieren und erneut zu manifestieren.

Die Macht durch Verführung, wie sie charakteristisch ist für die weltweite Regierung des Finanzkapitals, ist wesentlich „leichtfüßiger“ und subtiler als die eiserne Hand der lokalen Regierungen militärischer Staaten, die ihr vorausgingen. Doch ihre Auswirkungen sind nicht weniger zerstörerisch, obwohl sie gänzlich andere Strategien und Ziele verfolgt. So erscheint es wahrscheinlich, dass das Zusammenwirken dieser zwei historischen Faktoren, das sich in den betreffenden Ländern ereignet hat, den Zustand der pathologischen Entfremdung der Subjektivität erheblich verschlechtert hat, insbesondere hinsichtlich der Politik, die die Beziehung zum/r Anderen und zum Geschick der Schaffenskraft regiert.

 
Anthropophagische Zombies

Wenn wir unseren mikropolitischen Blick auf Brasilien richten, entdecken wir einen sehr spezifischen Zug im Prozess der Einführung des Neoliberalismus und des Klonens, der innerhalb der Bewegungen der 1960er und 1970er Jahre wirksam war. Denn diese Bewegungen brachten bereits eine Besonderheit mit, und zwar durch die Reaktivierung einer bestimmten kulturellen Tradition des Landes, die als „Anthropophagie“ bekannt wurde. Einige Charakteristiken dieser Tradition sind: das Fehlen einer absoluten und beständigen Identifikation mit jedwedem Repertoire und die Abwesenheit von blindem Gehorsam gegenüber etablierten Regeln, wodurch veränderliche Konturen der Subjektivität entstehen (anstelle von Identitäten); eine Öffnung für die Einverleibung neuer Universen, begleitet von einer Freiheit der Hybridität (anstelle der Aufwertung eines bestimmten Repertoires); eine Gewandtheit im Experimentieren und bei der Improvisation zur Schaffung von Territorien und ihrer jeweiligen Kartographien (anstelle von fixen Territorien, die durch festgesetzte und vorbestimmte Sprachen gekennzeichnet sind) – und all das mit viel Freude, Leichtigkeit und Entspannung.

Diese Tradition wurde ursprünglich in den 1920er Jahren von den brasilianischen ModernistInnen geprägt und benannt, die sich um den „Movimento Antropofágico“ – die Anthropophagische Bewegung – versammelten. Wie alle kulturellen Avantgarden zu Beginn des 20. Jahrhunderts verwies der visionäre Geist der brasilianischen ModernistInnen bereits in jenen Jahren kritisch auf die Grenzen der Politik der Subjektivierung, der Beziehung zum/r Anderen und des Kulturschaffens in einem Disziplinarregime, dessen Identitätslogik zu ihrer Hauptzielscheibe wurde. Doch während die europäische Avantgarde versuchte, Alternativen zu diesem Modell zu schaffen, gab es in Brasilien bereits eine andere Form der Subjektivierung und des Schaffens, die sich in das Gedächtnis der BrasilianerInnen seit der Gründung des Landes eingeschrieben hatte. Vielleicht aus diesem Grund sah Oswald de Andrade, einer der herausragenden Vertreter der Anthropophagischen Bewegung, in dieser Tradition ein „Programm zur Umerziehung der Sinnesvermögen“, das als eine „soziale Therapie für die moderne Welt“[8] wirken könne. Der Dienst, den der brasilianische Modernismus der Kultur des Landes erwies, indem er diese Politik hervorhob und benannte, bestand darin, sie aufzuwerten; dies erlaubte wiederum die Bewusstmachung ihrer kulturellen Eigenheit. Sie konnte sich so gegen die Idealisierung der europäischen Kultur behaupten, ein Kolonialerbe, das auf die Intelligenzija des Landes maßgeblichen Einfluss ausübte. Es ist wichtig, anzumerken, dass diese unterwürfige Identifikation auch heute noch einen Großteil des intellektuellen Schaffens in Brasilien beeinflusst. In einigen Bereichen wird lediglich das Objekt der Idealisierung durch die nordamerikanische Kultur ersetzt, wie dies vor allem im Kunstbereich der Fall ist.

In den 1960er und 1970er Jahren beschränkten sich die Erfindungen vom Anfang des Jahrhunderts nicht mehr auf die kulturelle Avantgarde; nach einigen Jahrzehnten hatten sie bereits auch die Politik der Subjektivierung angesteckt und bewirkten Veränderungen, die sich am schlagkräftigsten in der nach dem 2. Weltkrieg geborenen Generation zeigen. Für diese Generation wurde die damals auf ihrem Höhepunkt angelangte Disziplinargesellschaft ganz und gar unerträglich, was sie zum Bruch mit diesem Modell veranlasste, das auch ihre eigene Alltagsexistenz bestimmte. Die flexible Subjektivität wurde so zum neuen Modell, dem Modell der Gegenkultur. In diesem Prozess wird in Brasilien die anthropophagische Ideenwelt neu belebt, die sich am stärksten in kulturellen Bewegungen wie dem „Tropicalismo“ zeigt.[9] Die Aufrufung der Zeichen dieser tief in die Körper der BrasilianerInnen eingeschriebenen Tradition ermöglichte der Gegenkultur des Landes eine besonders radikale Experimentierfreiheit und brachte dadurch künstlerische Arbeiten von großer Kraft und Originalität hervor.

Doch dieselbe Besonderheit, die die Bewegungen der brasilianischen Gegenkultur so gestärkt hatte, verschlimmerte auf der anderen Seite die Auswirkungen des Klonens dieser Bewegungen im Kontext des Neoliberalismus. Das anthropophagische Know-how verleiht den BrasilianerInnen eine besondere flexible Geisteshaltung, die es ihnen erlaubt, sich an neue Zeiten anzupassen. BrasilianerInnen geraten gern in Verzückung darüber, wie zeitgemäß sie sind, so vollkommen zuhause auf der Bühne neuer post-identitärer Subjektivitäten, so gut ausgerüstet, um diese postfordistische Flexibilität zu leben (was Brasilien zum Beispiel zum internationalen Werbe-Champion macht und es im Weltranking der Medienstrategien unter die ganz Großen platziert[10]). Das ist die Form, welche für die wollüstige und entfremdete Hingabe an dieses Regime bei seiner Anpassung in Brasilien gewählt wurde und die seine Bevölkerung, insbesondere die urbane, in wahrhaftige anthropophage Zombies verwandelt. Vorhersehbare Charakteristiken in einem Land mit einer kolonialen Vergangenheit? Wie auch die Antwort ausfallen möge, ein offensichtliches Anzeichen dieser pathetischen und unkritischen Identifikation eines Teils der brasilianischen kulturellen Elite mit dem Finanzkapitalismus ist die Tatsache, dass die führenden Kräfte, die sich an der Umstrukturierung des brasilianischen Staates nach der Militärdiktatur beteiligt haben und dem Prozess der Redemokratisierung eine neoliberale Ausrichtung gaben, größtenteils linke Intellektuelle waren, von denen viele während der Diktatur im Exil gelebt hatten.

Die Anthropophagie selbst ist lediglich eine Form der Subjektivierung, die sich allerdings von der Identitätspolitik unterscheidet. Das ist aber keine Garantie, denn jede Form kann mit unterschiedlichen Ethiken eingesetzt werden, von den kritischsten bis hin zu den reaktionärsten, was von Oswald de Andrade bereits in den 1920er Jahren aufgezeigt wurde, wobei er letztere als „niedrige Anthropophagie“[11] bezeichnete. Was diese Ethiken voneinander unterscheidet, ist dasselbe „aber“, das ich vorhin thematisiert habe, als ich mich auf den Unterschied zwischen der flexiblen Subjektivität der 1960er und 1970er Jahre und seinem durch den postfordistischen Kapitalismus hergestellten Klon bezog. Dieser Unterschied liegt in der Strategie der Schaffung von Territorien und indirekt auch in der Politik der Beziehung zum/r Anderen: Damit dieser Prozess durch eine Ethik der Lebensbejahung geleitet wird, ist die Schaffung von Territorien erforderlich, und zwar anhand der von den Empfindungen – das heißt, den Zeichen der Präsenz des/r Anderen in unserem schwingenden Körper – angedeuteten Dringlichkeiten. Um den Ausdruck dieser Zeichen und ihren Widerhall in den Subjektivitäten, die dieselbe Luft der Zeit atmen, werden sich Formen des Möglichen in der individuellen und kollektiven Existenz eröffnen.

Nun ist es aber nicht gerade die Politik der Schaffung von Territorien, die in Brasilien vorherrschte: Der Neoliberalismus mobilisierte das Schlechteste dieser Tradition, die niedrigste Anthropophagie. Die „Flexibilität“ der Grenze zwischen öffentlich und privat, die „Freiheit“ der privaten Aneignung öffentlicher Güter ist – auf die leichte Schulter genommen und stolz zur Schau gestellt – eine ihrer schlimmsten Facetten, die unverkennbar vom Kolonialerbe durchtränkt ist. Und genau auf diese Facette der Anthropophagie machte Oswald de Andrade aufmerksam, als er von der reaktionären Seite der Bewegung sprach. Dieser Stamm vergiftet die brasilianische Gesellschaft, und hier vor allem die wirtschaftliche und politische Elite, derart, dass es naiv wäre, anzunehmen, er könne wie durch einen Zauberspruch verschwinden.

Fünf Jahrhunderte anthropophagischer Erfahrung und fast ein Jahrhundert der Reflexion über dieselbe sind vergangen seit dem Moment, als die ModernistInnen sie kritisch abgegrenzt und somit bewusst gemacht haben. Vor diesem Hintergrund kann uns das anthropophagische Know-how – insbesondere durch seine Aktualisierung in den 1960er und 1970er Jahren – heute tatsächlich nützlich sein, aber nicht, um uns die Eintrittskarte ins imaginäre Paradies des Kapitals zu garantieren, sondern um uns im Gegenteil dabei zu helfen, diese unglückliche Verwirrung zwischen den zwei Politiken der flexiblen Subjektivität zu problematisieren – um den Weizen von der Spreu zu trennen. Der grundlegende Unterschied dabei ist der Ort oder Nicht-Ort, den der/die Andere jeweils einnimmt. Dieses Wissen könnte es uns ermöglichen, einen fruchtbaren Beitrag zur Diskussion zu leisten, die auf internationaler Ebene über die Problematisierung des Regimes geführt wird, das heute hegemonial wird. Und wir könnten uns auch an der Erfindung von Strategien des Exodus aus dem imaginären Feld beteiligen, das seinen Ursprung in seinem tödlichen Mythos hat.[12]

Die Kunst hat eine besondere Berufung zur Verwirklichung solch einer Aufgabe, denn indem sie die Veränderungen der Sinne auf die Ebene des Sichtbaren und Sagbaren bringt, entwirrt sie die Kartographien der Gegenwart, befreit das Leben an seinen Unterbrechungspunkten und gibt ihm die Entfaltungskraft zurück – eine vom makropolitischen Aktivismus gänzlich unterschiedene und mit ihm nicht vereinbare Aufgabe. Letzterer bezieht sich aus der Perspektive der Repräsentation auf die Realität, zeigt die Konflikte auf, die mit der Verteilung der auf der gültigen Kartographie festgelegten Plätze zusammenhängen (Klassenkonflikte, Genderkonflikte, „Rassen“-Konflikte etc.) und kämpft für eine gerechtere Gestaltung. Zwei unterschiedliche und einander ergänzende Perspektiven der Realität, auf die zwei Kräfte der Intervention wirken und in wechselseitiger Ergänzung an der Definition ihres eigenen Schicksals teilhaben. Die Problematisierung der Verwirrung zwischen diesen zwei Politiken der flexiblen Subjektivität, durch die dieses Gebiet substanziell beeinflusst wird und die zum Bruch des Zaubers der Verführung führt, der die neoliberale Macht im Herzen des Begehrens aufrechterhält, bedeutet jedoch unvermeidlich die Behandlung der Krankheit, die in Brasilien aus dem unglücklichen Zusammenfließen dreier historischer Faktoren entstand, die sich auf die kreative Vorstellungskraft negativ auswirkten: die traumatische Gewalt der Diktatur, die Zuhälterei des Neoliberalismus und die Aktivierung einer niedrigen Anthropophagie. Dieses Zusammenfließen verschärfte die Abnahme der kritischen Urteilskraft sowie die subalterne Identifizierung mit dem neuen Regime.

An dieser Stelle können wir auf die ursprüngliche Frage nach der besonderen Situation Brasiliens auf dem geopolitischen Schachbrett der internationalen Debatte zurückkommen, die seit mehr als einem Jahrzehnt auf dem Territorium der Kunst im Gange ist und Fragen des Schicksals der Subjektivität, ihrer Beziehung zum/r Anderen sowie ihres Erfindungspotenzials unter dem Regime des kulturellen Kapitalismus thematisiert. Das unheilvolle Zusammenfließen der drei historischen Faktoren kann einer der Gründe dafür sein, warum diese Diskussion in Brasilien erst jetzt geführt wird. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie etwa den Fall der brasilianischen Künstlerin Lygia Clark, die bereits ein Jahr nach dem Mai 1968 diese Situation voraussah. So schrieb sie damals: „In dem Moment, in dem der/die KünstlerIn das Objekt verdaut, wird er/sie gleichsam von der Gesellschaft verdaut, die für ihn/sie bereits einen Titel und eine bürokratische Beschäftigung gefunden hat: Er/sie wird der/die zukünftige IngenieurIn der Unterhaltung sein, eine Unternehmung, die das Gleichgewicht sozialer Strukturen in keinster Weise stört. Der einzige Weg, wie der/die KünstlerIn der Vereinnahmung entkommen kann, ist die Entfesselung der allgemeinen Kreativität, ohne psychologische und soziale Grenzen jeglicher Art. Seine/ihre Kreativität wird sich in der gelebten Erfahrung ausdrücken.“[13]

 
Was kann die Kunst?

Aus dem Inneren dieses neuen Szenarios tauchen Fragen auf, die sich an alle richten, die denken/schaffen – insbesondere die KünstlerInnen –, und zwar in der Bemühung, eine Kartographie der Gegenwart zu entwerfen, um die Punkte der Erstickung im Lebensprozess zu identifizieren und genau an diesen Punkten die Kraft, andere Welten zu schaffen, ausbrechen zu lassen.

Ein erster Frageblock würde sich auf die Kartographie der Zuhälterei beziehen. Wie bearbeitet die Aderpresse, die uns dazu bringt, das Untolerierbare zu tolerieren und es sogar zu wünschen, unsere Lebenskraft? Durch welche Prozesse wird unsere Verwundbarkeit gegenüber dem/r Anderen betäubt? Welche Mechanismen unserer Subjektivität bringen uns dazu, unsere Schaffenskraft der Verwirklichung des Marktes anzubieten? Und unser Begehren, unsere Zuneigungen, unsere Erotik, unsere Zeit? Wie werden all diese Kräfte vom Glauben an die Verheißung des Paradieses durch die kapitalistische Religion eingefangen? Welche künstlerischen Praxen sind diesem Hinterhalt zum Opfer gefallen? Wie können wir sie erkennen? Warum sind sie so zahlreich?

Ein weiterer Frageblock, der in Wirklichkeit vom ersten nicht zu trennen ist, würde sich mit der Kartographie der Exodusbewegungen beschäftigen. Wie kann das Leben aus dieser neuen Sackgasse befreit werden? Was kann unsere Schaffenskraft leisten, um diese Herausforderungen zu meistern? Welche künstlerischen Dispositive können hier erfolgreich sein? Welche von ihnen können das eigentliche Territorium der Kunst behandeln, ein Territorium, das von der Zuhälterei immer stärker begehrt (und gleichzeitig auch vermint) wird, die hier eine unerschöpfliche Quelle findet, um den Mehrwert des Schaffens auszupressen und ihre Verführungskraft zu stärken? Kurzum, wie soll heute das der künstlerischen Handlung inhärente politische Potenzial situativ reaktiviert werden; diese Macht, die Veränderungen der Sinne zu verkörpern und an der Umgestaltung der Konturen der Welt teilzuhaben?

Antworten auf diese und viele andere Fragen werden sicherlich in unterschiedlichen künstlerischen Kontexten erarbeitet, zusammen mit den Territorien aller Art, die sich Tag für Tag neu erfinden. Es ist nicht möglich, die Auswirkungen dieser subtilen Perforationen in der dichten Masse der herrschenden Brutalität, die heute den Planeten umgibt, vorauszusehen. Das Einzige, was gesagt werden kann, ist, dass alles darauf hindeutet, dass die Landschaft der globalisierten Zuhälterei nicht mehr dieselbe ist; molekulare Strömungen bewegen die Erde. Oder ist es bloß eine Halluzination?



[1] Die Autorin bezieht sich hier auf eine Anzahl politischer Kunstkollektive, die sich vor allem in der Gegend von São Paulo in den letzten Jahren stark vermehrt haben: Contra Filé, Bijari, Cia Cachorra, Catadores de Histórias, c.o.b.a.i.a., A revolução não será televisionada, TrancaRua, Frente 3 de Fevereiro etc. Vergleicht man die „sichtbarsten“ Momente der Artikulation dieser „lokalen Bewegung“ mit ähnlichen Aktivitäten, die außerhalb von Brasilien statthaben – eine Verkettung, auf die sich Suely Rolnik bezieht, ohne sie näher auszuführen –, erhält man ein interessantes Diagramm aktueller Formen einer transnationalen Artikulation von künstlerischen und politisierten Praxen; deren Charakteristiken sind vor allem die Verbindung mit lokalen und translokalen sozialen und politischen Praxen (z. B. die Bewegung Sem Teto do Centro) sowie eine „flexible” Beziehung mit der Kunstinstitution. Vgl. zum Beispiel die Teilnahme von 13 Kollektiven an der IX. Biennale von Havanna unter dem Titel Territorio São Paulo (http://www.bienalhabana.cult.cu/protagonicas/proyectos/proyecto.php?idb=9&&idpy=23), die Austellung Kollektive Kreativität in Kassel, organisiert vom Zagreber Kollektiv What, How & For Whom (WHW) (http://www.fridericianum-kassel.de/ausst/ausst-kollektiv.html), die Ausstellung ExArgentina, koordiniert von Alice Creischer und Andreas Siekmann, in Buenos Aires auch mitorganisiert durch die Gruppe Etcétera (http://www.exargentina.org/participantes.html) und die Ausstellung Self-Education im nationalen Kunstzentrum von Moskau, die von Daria Pirkyna und dem Petersburger Kollektiv Chto Delat? (Was tun?) koordiniert wurde (http://transform.eipcp.net/calendar/1153261452) [AdÜ].

[2] Vgl. Hubert Godard, „Regard aveugle“, in: Lygia Clark, de l’oeuvre à l’événement. Nous sommes le moule. A vous de donner le souffle, Ausstellungskatalog mit demselben Titel, Kuratorinnen: Suely Rolnik & Corinne Diserens, Nantes: Musée de Beaux-Arts de Nantes 2005, S. 73–78. Brasilianische Übersetzung: „Olhar cego“, in: Lygia Clark, da obra ao acontecimento. Somos o molde, a você cabe o sopro, São Paulo: Pinacoteca do Estado de São Paulo 2006, S. 73–78. Der Text ist die Transkription eines Interviews mit Godard im Rahmen eines Projekts, an dem ich seit 2002 arbeite und das der Schaffung einer lebendigen Erinnerung an die experimentelle Praxis von Lygia Clark sowie den brasilianischen und französischen kulturellen Kontext, in dem diese ihren Ursprung hatte, gewidmet ist. Die bislang fertig gestellten 68 Filme spielten eine zentrale Rolle in der oben erwähnten Ausstellung, die in Frankreich (2005) und in Brasilien (2006) gezeigt wurde.

[3] Cartografia Sentimental. Transformações contemporâneas do desejo, São Paulo: Estação Liberdade 1989 (vergriffen); Neuauflage mit einem neuen Vorwort: Porto Alegre: Sulina 2006.

[4] Der Begriff des „kognitiven“ oder „kulturellen“ Kapitalismus, in den 1990er Jahren vor allem von WissenschaftlerInnen aufgeworfen, die heute der französischen Zeitschrift Multitudes nahe stehen, ist eine Weiterentwicklung der Ideen von Deleuze und Guattari, die sich auf den Status der Kultur und der Subjektivität im gegenwärtigen kapitalistischen Regime bezieht.

[5] Der Begriff der „flexiblen Subjektivität“ geht ursprünglich auf die Idee des „flexiblen Persönlichkeit“ zurück, die von Brian Holmes geprägt wurde (vgl. „Der flexible Charakter“, http://transform.eipcp.net/transversal/1106/holmes/de). Ich habe diesen Begriff in einigen meiner jüngsten Essays aus der Perspektive der Subjektivierungsprozesse weiter entwickelt. Vgl. „Politics of Flexible Subjectivity. The Event-Work of Lygia Clark“, in: Terry Smith, Nancy Condee & Okwui Enwezor (Hg.), Antinomies of Art and Culture: Modernity, Postmodernity and Contemporaneity, Durham: Duke University Press 2006; „Life for Sale“, in: Adriano Pedrosa (Hg.), Farsites: Urban Crisis and Domestic Symptoms. San Diego/Tijuana: InSite 2005.

[6] Vgl. Fußnote 4.

[7] In den Anfängen der Militärdiktatur in Brasilien hielt sich die kulturelle Bewegung mit viel Energie am Leben. Mit der Verhängung des Institutionellen Aktes Nr. 5 im Dezember 1968 verhärtet sich das Regime, die Bewegung verliert an Kraft und verfällt zum Teil in Lähmung. Wie in jedem totalitären Regime waren vielleicht nicht die greifbaren und sichtbaren Auswirkungen wie Haft, Folter, Verfolgung und Zensur am unheilvollsten, sondern eher die anderen, die sich subtiler und unsichtbar vollzogen: die Lähmung der kreativen Kraft und die daraus folgende Frustration der kollektiven Intelligenz, die sich dem Bann der verheerenden Bedrohung durch Strafen, die auch den Tod bedeuten konnten, nicht zu entziehen vermochten. Eine der konkretesten Auswirkungen dieser Blockierung war die große Zahl junger Menschen, die damals psychotische Erfahrungen durchmachten. Viele von ihnen wurden in psychiatrische Anstalten eingewiesen, und nicht wenige erlagen der „Psychiatrisierung“ ihres Leidens und kehrten aus dem Reich des Wahnsinns nie mehr zurück. Diese psychotischen Erscheinungen, die zum Teil aus dem Terror der Diktatur resultierten, kamen auch in den für die Bewegung der Gegenkultur charakteristischen Grenzerfahrungen vor, die aus allen Arten von Sinnesexperimenten bestanden und in der Regel auch den Gebrauch von Halluzinogenen mit einschlossen, in einer Haltung des aktiven Widerstands gegen die bürgerliche Politik der Subjektivierung. Die Allgegenwart des Terrors und die daraus folgende Paranoia haben zweifelsohne zum pathologischen Schicksal dieser Erfahrungen der Öffnung der Sinne für ihre Fähigkeit des Schwingens beigetragen.

[8] Oswald de Andrade, „A marcha das utopias“ [1953], in: A Utopia Antropofágica, Gesammelte Werke von Oswald de Andrade, São Paulo: Globo 1990.

[9] Die Bewegung der Gegenkultur in Brasilien war besonders radikal und umfassend, wobei der Tropicalismo eine der bedeutendsten Ausdrucksformen dieser Einzigartigkeit darstellte. Die aktive Jugend der damaligen Zeit war in der Gegenkultur oder im politischen Widerstand tätig, und beide waren gleichermaßen der Gewalt der Diktatur ausgeliefert: Haft, Folter, Mord, Exil, neben jenen, die dem Wahnsinn verfielen, wie bereits oben geschildert. Die Gegenkultur wurde jedoch in ihrem politischen Potenzial nie anerkannt, einmal abgesehen vom Militärregime, das alle hart bestrafte, die sich an ihr beteiligten und die dann in dieselben Zellen gesperrt wurden, die für politische Häftlinge bestimmt waren. Von der brasilianischen Gesellschaft wurde ein abwertendes Bild auf die Gegenkultur projiziert, das einer konservativen Weltanschauung entstammte und unter diesem Aspekt von Rechten wie auch Linken geteilt wurde (einschließlich der politischen AktivistInnen derselben Generation). Diese Ablehnung lebt heute noch in der Erinnerung an diese Zeit, die aber auf der anderen Seite die politisch militante Vergangenheit behütet und lobpreist.

[10] Das brasilianische Fernsehen spielt im internationalen Kontext eine wichtige Rolle. Ein deutliches Zeichen dieser Bedeutung ist die Tatsache, dass die „Telenovelas“ des Rede Globo heute in mehr als 200 Ländern ausgestrahlt werden.

[11] Oswald de Andrade, „Manifesto Antropófago“ [1928], in: op. cit.

[12] Zu Beginn der 1990er Jahre begann ich an der Frage der Anthropophagie zu arbeiten, in dem Sinne, wie ich sie auch hier behandle. Diese Arbeit bildet den Gegenstand dreier Texte. Der erste, geschrieben im Jahre 1993, ist „Schizoanalyse et Anthropophagie“, in: Eric Alliez (Hg.), Gilles Deleuze. Une vie philosophique, Paris: Les empêcheurs de penser en rond 1998, S. 463–476; brasilianische Ausgabe: „Esquizoanálise e Antropofagia“, in: Gilles Deleuze. Uma vida filosófica, São Paulo: Editora 34 2000, S. 451–462. Der zweite ist “Subjetividade Antropofágica” / „Anthropophagic Subjectivity“, in: Paulo Herkenhoff & Adriano Pedrosa (Hg.), Arte Contemporânea Brasileira: Um e/entre Outro/s, XXIVa Bienal Internacional de São Paulo, São Paulo: Fundação Bienal de São Paulo 1998, S. 128–147 (zweisprachige Ausgabe: Portugiesisch/Englisch); neu aufgelegt in: Daniel Lins (Hg.), Razão Nômade, Rio de Janeiro: Forense Universitária 2005. Der dritte ist „Zombie-Anthropophagie“, in: Ivet Curlin & Natasa Ilic (Hg.), Kollektive Kreativität, Kassel: Kunsthalle Fridericianum 2005, S. 192–205.

[13] „L’homme structure vivante d’une architecture biologique et celulaire“, in: Robho, Nr. 5/6, Paris 1971 (Faksimile der Zeitschrift in: Lygia Clark, de l’oeuvre à l’événement. Nous sommes le moule, à vous de donner le souffle, Ausstellungskatalog, op. cit.); Nachdruck unter dem Titel „(1969) O corpo é a casa“, in: Lygia Clark: Textos de Lygia Clark, Ferreira Gullar e Mario Pedrosa, Rio de Janeiro: Funarte, coleção Arte Brasileira Contemporânea, herausgegeben von Afonso Henriques Neto, Eudoro Augusto Macieira & Vera Bernardes, S. 35–37 (vergriffen); Text verfügbar in einer Neuauflage unter dem Titel: „O corpo é a casa: sexualidade, invasão do ‚território‘ individual“, in: Manuel J. Borja Villel & Nuria Enguita Mayo (Hg.), Lygia Clark (Ausstellungskatalog), Barcelona: Fondació Antoni Tàpies 1997 (zweisprachige Ausgaben: Spanisch/Englisch und Französisch/Englisch), S. 247–248.