02 2016
Transnationale Versammlung gegen die Errichtung von Zäunen, für ein echtes Europa ohne Grenzen
Der unvorstellbare Kampf der Flüchtenden und Migrant_innen,
dessen Zeug_innen wir sind, hat zur Öffnung des Korridors der Hoffnung durch
die befestigten Grenzen der Europäischen Union geführt. In der Folge begannen
die europäischen Kräfte damit, ihre demokratischen Masken abzulegen und die
Balkanroute in eine Route der Inhaftierung zu verwandeln. Die herrschenden
Klassen des "Europas ohne Grenzen" begannen damit,
Rasierklingen-Zäune entlang der ganzen Balkanroute zu errichten. In ihrem Kampf
haben die Flüchtenden und Migrant_innen massive Unterstützung durch Kollektive
und solidarische Einzelpersonen erlebt. Gemeinsam haben sie einen der
wichtigsten Widersprüche des heutigen Kapitalismus ins Herz Europas gebracht.
Sie haben gezeigt, dass der Hauptwiderspruch in der Beziehung zwischen zwei
Auffassungen der Bewegungsfreiheit und des Rechts auf Migration besteht: die
kapitalistische Auslegung dient zur Etablierung einer hierarchischen globalen
Arbeitsteilung, die ständig durch den Kampf der Menschen in Frage gestellt
wird, in dem die Kontrolle über die Bedingungen der Bewegung und Migration
erreicht werden soll. Seit Jahren fliehen Hunderttausende von Menschen vor
Krieg und Armut und suchen ein menschenwürdiges Leben in so genannten
Pufferzonen, die von autoritären Regimen verwaltet werden, die von den
europäischen Mächten unterstützt werden. Dort, jenseits der Außengrenzen der
EU, haben sie massive Verletzungen der Menschenrechte erlitten. Heute
manifestiert sich der gewalttätige und repressive Charakter der europäischen
Migrations- und Grenzregime auf europäischem Boden. In dieser Atmosphäre wächst
die Zahl der offen rassistischen Politiker_innen und Meinungsmacher_innen so
schnell wie nie zuvor. Ermutigt durch das populistisch-rassistische Getöse
arbeiten sie darauf hin, dass wir den Einsatz von systematischer Gewalt und
Unterdrückung von Flüchtenden und Migrant_innen hinnehmen, verkörpert in den
Praktiken der Abwehr, die sie der Auswahl, der Trennung und der erbarmungslosen
Ausbeutung unterwerfen. Europa entwickelt sich zu einer rassistischen Diktatur.
Die Mächtigen wollen das bestehende Grenz- und Migrationsregime erhalten.
Deshalb drängen sie Flüchtende und Migrant_innen an die Ränder des Kontinents
und verwandeln Pfade der Hoffnung in Routen der Inhaftierung. In dieser
Situation wird es zur Aufgabe der Bewegungen gegen Ausbeutung und Herrschaft,
den Flüchtenden und Migrant_innen im gemeinsamen Kampf für eine Neudefinition
des Grenzregimes zur Seite zu stehen.
Die slowenischen Behörden errichten einen Rasierklingen-Zaun an der Grenze zu
Kroatien, dem Nicht-Schengen-Mitglied der EU. Das Ziel der Militarisierung der
Grenze ist klar: Unterdrückung der Bewegung der Flüchtenden und
Migrant_innen, Erhaltung des europäischen Grenz- und Migrationsregimes um
jeden Preis. Im Falle eines Scheiterns des bestehenden Regimes wäre auch das System
der Produktion und Reproduktion der globalen kapitalistischen Hierarchien,
innerhalb und jenseits der Grenzen der EU, gescheitert. Darüber hinaus
ist die Errichtung eines Rasierklingen-Zauns ein direkter Angriff auf die
Formen der grenzüberschreitenden Kooperationen und Lebensweisen, die -
angesichts des Nationalismus und Rassismus, die seit jeher eine wichtige Rolle
für das Funktionieren des Kapitalismus spielen - für Jahrzehnte, sogar
Jahrhunderte existiert und fortbestanden haben. Unserer Meinung nach ist es
Zeit, zwei Generationen von Kämpfen miteinander zu verbinden. Der erste ist ein
Kampf gegen den historischen Nationalismus und Rassismus, die so viel Leid in
Europa verursacht haben und schon immer Haupthindernis und gleichzeitig Ziel
der Bewegungen gegen die Ausbeutung gewesen sind. Der zweite ist ein Kampf
gegen den zurzeit aufkommenden Nationalismus und Rassismus, der zu zahllosen
Opfern auf der Balkanroute und den anderen Wegen der Hoffnung führt.
Aus diesem Grund rufen wir auf zu einer transnationalen und
grenzüberschreitenden Versammlung, auf der wir unsere gemeinsamen Aktivitäten
gegen den Rasierklingen-Zaun an der Grenze zwischen Slowenien und Kroatien und
gegen alle anderen Zäune, die derzeit von den europäischen Ländern gebaut
werden, planen wollen.
Die Versammlung findet am 13. Februar 2016 von 12 bis ca. 19 Uhr im Sozialzentrum Rog in Ljubljana
statt. In einer kombinierten Form von Plenarsitzungen und Workshops sollen
Austausch und Zusammenarbeit entlang der Balkanroute vertieft werden. Die
Versammlung wird auch eine Gelegenheit sein, dezentrale Aktionen für den 1.
März, den Tag des transnationalen und grenzüberschreitenden sozialen Streiks,
zu diskutieren.