05 2003
Was heißt: Filme politisch machen?
Das Kino ist kein einfaches Instrument der Repräsentation, sondern, wie Jean-Luc Godard am Ende seiner "Histoire(s) du cinéma" bemerkt, "eine Form, die denkt", d.h. – und man kann diese Definition auch auf die anderen "Zeitkristallisationsmaschinen" wie etwa Fernsehen oder Video ausdehnen – ein geistiger Automat. Diese Bestimmung beruht auf einer anderen, die Gilles Deleuze zufolge besagt, dass wir mit dem Kino vor der Exposition einer Welt stehen, in der das Bild absolut identisch ist mit der Bewegung: "Bild = Bewegung", schreibt Deleuze. Das Bewegungs-Bild des Kinos gehört als Bild nicht der Sphäre des Bewusstseins oder der Intentionalität an, genauso wenig wie es als Bewegung bloß eine Eigenschaft der materiellen Welt darstellt. Mit anderen Worten: Auf der Ebene der Immanenz, der Ebene des "An-sich des Bildes" entzieht sich das Bewegungs-Bild der Logik der Repräsentation. Sein Modell wäre nicht die natürliche Wahrnehmung, sondern vielmehr "ein Zustand der Dinge, der sich unaufhörlich veränderte, ein Materiestrom, in dem kein Verankerungspunkt oder Bezugszentrum angebbar wäre" (Deleuze 1989:86).
Diesen Aspekt einer universellen Veränderlichkeit könnte man als den Science-Fiction-Aspekt in der Kinophilosophie von Deleuze ebenso wie in der vitalistischen Philosophie Henri Bergsons bezeichnen, der dieses Modell entlehnt ist. Die universelle Veränderlichkeit als Modell des Bewegungs-Bildes zu setzen, erscheint kontra-intuitiv in mehrerlei Hinsicht: Sie widerspricht nicht allein der Logik von Vertretung, Darstellung und Vorstellung, sondern ebenso der Geschichte wie jeder möglichen Geschichte des Films bzw. des Kinos. Das Wesen des Films wird offenbar weniger von der Mehrzahl der Filme oder seinem viel bewunderten Realismus bestimmt, der die in der Moderne überwunden geglaubte Logik der Repräsentation glanzvoll rehabilitierte, sondern vielmehr vom Paradox einer "historischen Ontologie", welche die Seinsweisen des Films bzw. des Kinos vervielfältigt und sie der zeitlichen Veränderung, einem historischen Werden aussetzt. Deleuze kommt in diesem Zusammenhang immer wieder auf die Formulierung Nietzsches zurück, nach der "etwas Neues (eine neue Kunst) sein Wesen niemals zu Beginn offenbaren kann, sondern das, was es von Anfang an war, nur auf einem Umweg seiner Entwicklung zu erweisen vermag" (Deleuze 1991:63).
Vor diesem Hintergrund lässt sich die oft zitierte Äußerung Godards vielleicht besser verstehen, es gälte "keine politischen Filme zu machen, sondern Filme politisch zu machen". Es gibt da nämlich etwas Problematisches in der Beziehung zwischen Film und Politik, das es nicht erlaubt, so einfach vom einen zum anderen überzugehen, vom Filmemachen zum Politikmachen und umgekehrt. Dieses Problematische hat mit der Position, von der aus man spricht, ebenso zu tun wie mit dem Sprechen selbst sowie mit dem Medium, das dieses vermittelt, kurz: mit dem Problem des "Wie" der Repräsentation, in dem zugleich das Problematisch-Werden jeglicher Form von Repräsentation steckt. Dieses Problematische betrifft natürlich nicht bloß den Film und das Kino allein, stellt sich dort aber aus der Perspektive einer "historischen Ontologie" in besonders deutlicher Weise.
Das betrifft zunächst die Frage, ob das Kino unter den gegenwärtigen Bedingungen überhaupt ein geeigneter Ort der politischen Artikulation bzw. der Artikulation des Politischen sein kann. Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre sieht es nicht gerade danach aus: "Der Film mag Revolutionen zeigen – durchs Zeigen kann er keine Revolutionen stimulieren, auch kein revolutionäres Bewusstsein und erst recht keine revolutionäre Gewalt" (Lepenies 1972:38), schreibt Wolf Lepenies 1970. Der Film, der sich vornimmt, revolutionäres Bewusstsein und revolutionäre Gewalt zu stimulieren, wäre, so Lepenies, nichts anderes als trivial und damit antiaufklärerisch: "Wie der Film für die Massen auszusehen hätte, der seine Zuschauer fände und gleichzeitig aufklärend zu wirken vermöchte, hat freilich noch niemand herausgefunden. Godard macht Filme für Intellektuelle, weil er den Mythos zerstören möchte, bereits jetzt sei eine Kunst für die Massen möglich" (Lepenies 1972:29). Die Notwendigkeit, Filme politisch zu machen, ergibt sich Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre aus dem Umstand, dass das Kino als Massenkunst kein Ort politischer Bewusstseinsbildung mehr sein kann, ja vielleicht niemals ein solcher Ort gewesen ist.
Es bedarf nur eines kleinen Schritts, um von dieser Überzeugung zur nächstliegenden zu gelangen, dass das Kino überhaupt kein Ort der Bewusstseinsbildung – weder der politischen noch sonst irgend einer – ist: Hatten sich die Hoffnungen der 20er Jahre, im Kino begegne die Masse sich selbst als revolutionärem Subjekt, das Kino könne zur Massen-Individuierung beitragen, nicht im Wesentlichen auf die Figur des Erkenntnisschocks gestützt (freilich unter der Voraussetzung, dass eine proletarisierte Masse existiert)? Mit anderen Worten: auf eine Figur des Erhabenen, die zum Denken zwingt, dieses aber nicht vorwegnimmt? Und reißt nicht überhaupt, wenn diese Hoffnungen zerbrechen (historisch aufgrund der Mittelmäßigkeit der Produktionen ebenso wie aufgrund der Propaganda und der staatlichen Manipulation – Stichwort: Ästhetisierung der Politik und Politisierung der Kunst), das zarte Band zwischen erzwungenem Denken und erneuertem Bewusstsein am Ort des Kinos?
Deleuze sagt ja: "Wenn die Gewalt nicht mehr die des Bildes und seiner Vibrationen, sondern die des Repräsentierten ist, fällt man in eine blutige Arbitrarität, und wenn die Größe nicht mehr die der Komposition ist, sondern reines und einfaches Anschwellen des Repräsentierten, gibt es keine geistige Stimulation und kein Entstehen des Denkens mehr" (Deleuze 1991:215). Mit diesem Abgesang auf das "alte Kino" leitet Deleuze jene Ausführungen ein, die zeigen, dass sich mit den Bedingungen auch die Hoffnungen eines neuen Kinos grundlegend verändert haben werden: Was im modernen Kino zum Denken zwingt, ist nicht mehr die Entstehung des Bewusstseins, sondern die Ohnmacht des Denkens. Damit realisiert das Kino die umfassenden Implikationen des "geistigen Automats". Deleuze gibt dieser Ohnmacht, von der das moderne Kino kündet und die es umgekehrt erst zu einem modernen macht, eine dreifache Bestimmung: Die Ohnmacht drückt sich aus "unter dem Gesichtspunkt der Auslöschung des Ganzen oder der Totalisierung der Bilder zugunsten eines Außen, das sich zwischen sie einfügt[1]; der Auslöschung des inneren Monologs als des Ganzen des Films zugunsten einer freien indirekten Rede und Sicht[2]; der Auslöschung der Einheit des Menschen mit der Welt zugunsten eines Bruchs, die uns nicht mehr als den Glauben an ebendiese Welt belässt[3]" (Deleuze 1991:243). – Eine entschieden melancholische Perspektive, die ihre Kraft offenbar in der Affirmation dieser Melancholie findet.
Zum Beispiel "La Chinoise"
Über "La Chinoise" wird Jean-Luc Godard 10 Jahre später sagen, der Film sei ein Beispiel dafür, "dass das Kino dazu dienen kann, dass man die Entstehung der Formen sieht" (Godard 1984:217): Etwa ein Jahr vor den Maiereignissen 1968 in Frankreich gedreht, zeigt der Film die Atmosphäre, die zu deren Entstehung beigetragen hat. Das hat nichts mit Vision oder Bewusstwerdung zu tun, sondern mit dem schmerzlichen Bewusstsein, dass die Bemühungen der Figuren, die im Film Marxisten-Leninisten spielen, etwas Lächerliches haben, obwohl in diesen Bemühungen auch etwas Wahres steckt. Die Figuren sind zugleich wahr und falsch, geben aber gerade deswegen den Ton wieder, der damals geherrscht hat. Aus diesem Grund nennt Godard "La Chinoise" auch einen Dokumentarfilm: "Die Dinge, die sich ereignet haben, hatten was Interessantes und Wahres. Wenn man 67 in Frankreich gesagt hat: Das ist doch lächerlich, diese Kinder sind lächerlich …, musste man widersprechen. Und wenn heute gesagt wird: Diese Kinder, 68, meinten was Richtiges, sie haben was Richtiges getan …, da kann ich heute nur sagen: Ja, sie waren aber auch etwas lächerlich" (Godard 1984:218).
Entscheidenden Anteil an dieser Konstellation, die das Urteil über die gezeigten Figuren nicht nur in der Schwebe hält, sondern unentscheidbar macht (d.h. der "Macht des Falschen" überantwortet), ist die Methode, mit der Godard die repräsentative Funktion der Bilder und ihrer Verknüpfungen unterläuft. Aus der Formel "kein richtiges Bild, sondern nur ein Bild" hat Godard eine das Sehen und das Reden problematisierende Pädagogik entwickelt, in der nichts als die Differenz ständig wiederkehrt: "Dem, was der andere sagt (Behauptung, Erklärung, Predigt), entgegnet [Godard] mit dem, was ein anderer anderer sagt. Es gibt immer eine große Unbekannte in seiner Pädagogik, weil die Art seiner Beziehung zu den 'guten' Diskursen (die er verteidigt, zum Beispiel den maoistischen) im Dunkeln bleibt" (Daney 1998:73), schreibt etwa Serge Daney 1976.
Das große Missverständnis beispielsweise, mit dem Guillaume (Jean-Pierre Leaud) aufräumt – die Gebrüder Lumière wären nicht die ersten Dokumentaristen, sondern die letzten Impressionisten gewesen, Georges Mélies nicht der Erfinder des Fiktionskinos, sondern der Wochenschau –, betrifft einen gängigen Ursprungsmythos des Kinos, den die These, die Guillaumes referiert, einfach auf den Kopf stellt. Damit ist das Missverständnis aber nicht ausgeräumt, sondern bloß in umgekehrter Form wiederholt: Im Dunkeln bleibt, welchen Sinn die Umkehrung noch hat, wenn sie das Wesentliche beibehält – die Trennung von Dokument und Fiktion, eine Trennung, die nicht zuletzt von "La Chinoise" konsequent unterlaufen wird.
Darüber hinaus stellt Guillaumes Vortrag selbst eine zweifache Wiederholung dar: Der These von Henri Langlois, die er wiedergibt und die ihrerseits eine Geste der Umkehrung wiederholt. Diese Geste der Umkehrung könnte man als einen weiteren Ursprungsmythos bezeichnen, nämlich den der materialistischen Dialektik (Hegel vom Kopf auf die Füße stellen), deren analytische Kraft die Szene zugleich bestätigt und zurückweist: Bestätigt, weil das Missverständnis aufgeklärt werden konnte, zurückweist, weil die Aufklärung des Missverständnisses nichts weiter darstellt als die Bestätigung der analytischen Kraft der materialistischen Dialektik. Es ist wie in der Schule, wo nicht die Aneignung des Wissens interessiert, sondern die Weitergabe des Buchstabens, und wo zur Beziehung Lehrer/Schüler eine dritte Instanz hinzutritt: "So kommt es zu einer Struktur mit drei Instanzen, einem kleinen Theater zu dritt, wo zum Lehrer (der nur Repetitor ist) und dem Schüler (der nur repetiert) eine dritte kommt, die sagt, was zu repetieren ist, der Handlanger-Diskurs, dem Lehrer und Schüler, wenn auch nicht in gleichem Maße, unterworfen sind" (Daney 1998:74).
Den Handlanger-Diskurs repräsentiert (aber was heißt schon repräsentieren?) in "La Chinoise" natürlich die chinesische Kulturrevolution. Die "Mao-Bibel" als deren Symbol ist ständig präsent, es verkörpert den guten Diskurs, ohne aber selbst von einer der Figuren verkörpert zu werden. Diese bedienen sich des Buchs als Quelle einer freien indirekten Rede (und manchmal auch als Mauer oder Wurfgeschoß), welche die Differenz zwischen der partikularen Wahrheit, für die das Buch vielleicht einsteht, und der Situation, in der sie sich selbst befinden, eher betont als zum Verschwinden bringt (die chinesische Kulturrevolution wird weder hinterfragt noch kritisiert, sie stellt nicht den Horizont der Bemühungen um Veränderung dar, sondern deren irreduzibles Außen). Der Zwischenraum, der sich zwischen dem Geschriebenen und dem Gesprochenen, zwischen der französischen Situation und der in China oder in Vietnam auftut, kommt deren Verbindung zuvor, womit die Differenz, auf die die Verteilung der Ähnlichkeiten zurückgeht, selbst unhintergehbar wird. Die Imperialisten leben immer noch und China ist weit weg, außerdem weiß man viel zu wenig darüber.
Wenn die Differenz unhintergehbar geworden ist, beginnen sich die Zwischenräume überall auszubreiten: im Bild, in der Rede, zwischen Bild und Bild, zwischen Bild und Ton. Der Handlanger-Diskurs wird, wie gesagt, nicht kritisiert, es wird ihm bloß etwas entgegengesetzt, das einen Zwischenraum zwischen beiden bewirkt: Wie am Ende des Ausschnitts etwa, wo davon die Rede ist, dass die Humanwissenschaften wieder zu einem politischen Instrument und einer militanten Wahrheit gemacht werden müssten, welche auf die Veränderbarkeit von Strukturen abzielt, und währenddessen gezeigt wird, dass es immer noch die Frauen sind, welche die Hausarbeit machen. Die Entgegensetzung, die einen Zwischenraum entstehen lässt, kann aber auch im Bild bzw. in der Rede selbst erscheinen: Das Problem, das zu analysieren Guillaume in derselben Sequenz vorgibt, wiederholt im Ergebnis nur die Position, von der die Analyse ausgegangen war: Am Beispiel des Kriegs in Vietnam lässt sich zeigen, dass der chinesische der wahre Kommunismus ist. Damit ist das Problem aber weder analysiert noch gelöst, sondern vielmehr bestätigt in seiner fortgesetzten Existenz als Problem, an das kein Buch oder kein Gedanke heranreicht: Das kleine rote Buch fungiert offenbar als eine Art Antwort, für die eine Frage erst noch gefunden werden muss.
In diesem ganzen Spiel von Rede und Gegenrede löst sich nicht nur die Kohärenz und Folgerichtigkeit der narrativen Entwicklung auf, sondern auch die Position der filmischen Aussageinstanz, des Autors: Die Chiffre Godard steht nicht neben oder gar über den Dingen in diesem Spiel, sie befindet sich in einer Position, die lediglich die Urteile (über die Kulturrevolution, über Vietnam, aber auch über das Kino) zurückhält und sich in dieser Zurückhaltung fortwährend entzieht. Schon vor dem Mai 68, aber ganz besonders danach wird für Godard das Kino insgesamt zur Schule und die Schule zu einem guten Ort: Die Schule ermöglicht, "ein Publikum von Schülern zu halten, um den Augenblick zurückzuhalten, wo sie Gefahr liefen, zu schnell von einem Bild zum anderen zu gehen, von einem Ton zum anderen, zu schnell zu sehen, sich vorschnell zu äußern, zu glauben, sie seien fertig mit dem Kino, während sie doch keine Vorstellung davon haben, was für eine komplexe, ernste und gar nicht harmlose Angelegenheit die Verknüpfung von Bildern und Tönen ist" (Daney 1998:75).
Was aber ist das Politische an dieser Schule? Serge Daney schreibt, Godards Pädagogik liefe darauf hinaus, Zeit zu gewinnen, und zwar soviel Zeit, bis die Bilder und Töne denen zurückgegeben werden könnten, denen sie abgenommen wurden, den Gefilmten – selbst wenn es zu spät sein sollte wie im Fall der Fedajin in "Ici et ailleurs". Aus der Unmöglichkeit, nach dem Ende des Films als "gleichmachender Massenkunst" einen filmischen Vertrag neuen Typs aufzusetzen, schließt Godard auf die Notwendigkeit des Behaltens und der Wiedergutmachung: "Wiedergutmachen heißt, die Bilder und Töne denen zurückzugeben, denen man sie abgenommen hat. Ein hartnäckiges Fantasma. Es bedeutet auch, sie zu veranlassen, ihre eigenen Bilder und Töne zu produzieren. Ein entschieden politisches Vorhaben" (Daney 1998:76).
Keine politischen Filme machen, sondern Filme politisch machen, bedeutet demnach im Fall von Jean-Luc Godard, die Grenze sichtbar zu machen, die Film und Politik trennt: Film ist nicht Politik, auch wenn einem zuweilen die Politik wie ein schlechter Film vorkommen mag. Versteht man unter dem "Politischen" hingegen den Moment der Offenheit und Unentscheidbarkeit, der auftritt, wenn Strukturprinzipien der Gesellschaft in Frage gestellt werden, dann wäre "Filme politisch machen" nicht die Wiederholung bzw. Verbreitung von politischen Parolen, sondern die Schaffung von solchen Momenten der Offenheit und Unentscheidbarkeit. Momente, die nicht zuletzt auch die Strukturprinzipien des Kinos sowie den Vertrag Filmer-Gefilmtes-Zuschauer in Frage stellen und damit auf jenem Terrain operieren, auf dem Film unmittelbar politisch ist.
Literatur
Friedrich Balke (1998). Gilles Deleuze. Frankfurt am Main/New York : Campus.
Serge Daney (1998). Der Therrorisierte. (Die Godardsche Pädagogik). In: Viennale (Hg.). Jean-Luc Godard. Wien, S. 72-76.
Gilles Deleuze (1989). Das Bewegungs-Bild. Kino 1. Frankfurt am Main : Suhrkamp.
Gilles Deleuze (1991). Das Zeit-Bild. Kino 2. Frankfurt am Main : Suhrkamp.
Jean-Luc Godard (1984). Einführung in eine wahre Geschichte des Kinos. Frankfurt am Main : Fischer.
Wolf Lepenies (1972). Der Italo-Western – Ästhetik und Gewalt. In: Karsten Witte (Hg.). Theorie des Kinos. Frankfurt am Main : Suhrkamp, S. 15-38.
[1] Das Ganze ist danach nicht mehr das Offene, sondern das Außen, das in die Zwischenräume eindringt: Resultierte das Ganze im klassischen Kino aus dem Prozess einer offenen Totalisierung, einem beständigen Werden, in dem es die Bilder verinnerlichte und sich in ihnen veräußerlichte, geht es im modernen Kino nicht mehr um die Verknüpfung und Anziehung der Bilder, sondern um den Zwischenraum zwischen zwei Bildern: "eine Verräumlichung, die bewirkt, dass sich jedes Bild von der Leere losreißt und in sie zurückfällt" (Deleuze 1991:233).
[2] Das meint die Figur des "Ich ist ein anderer", die auf alle Aussageinstanzen des Films übergreift: auf die Schauspieler, die Charaktere, den Autor etc.
[3] Die Figur eines Weltverlusts, nach dem nur noch der Glauben an die Welt, nicht aber die Welt selbst gefilmt werden kann.