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03 2005

Die Transnationalisierung der Öffentlichkeit

Nancy Fraser

Übersetzt von Larissa Buchholz

Es ist heutzutage ein Gemeinplatz, von "transnationalen Öffentlichkeiten" zu sprechen. Innerhalb des akademischen Milieus vernehmen wir zunehmend Hinweise auf "diasporische Öffentlichkeiten", "regionale Öffentlichkeiten" und sogar auf eine neu entstehende "globale Öffentlichkeit". Und für solche Redeweisen gibt es einen klaren Grund. Innerhalb der Medienwissenschaften dokumentiert eine anschwellende Literatur die Existenz von diskursiven Arenen, welche die Grenzen von Nationen und Staaten überschreiten. Darüber hinaus kartieren zahlreiche ForscherInnen im Bereich der Cultural Studies und der Kulturwissenschaften auf raffinierte Weise die Konturen derartiger Arenen, aber auch die Bilder- und Zeichenströme, die sie durchziehen. Die Idee einer "transnationalen Öffentlichkeit" stellt sich somit als intuitiv plausibel dar, denn sie scheint mit realen Effekten auf die soziale Realität verbunden.

Nichtsdestotrotz wirft diese Idee ein theoretisches Problem auf. Das Konzept der Öffentlichkeit wurde nicht etwa entwickelt, um lediglich empirische Kommunikationsflüsse zu verstehen, sondern um zu einer normativen, politischen Demokratietheorie beizutragen. In dieser Theorie wird Öffentlichkeit als ein Raum für die kommunikative Erzeugung öffentlicher Meinung begriffen, und zwar in Formen, welche moralisch-politische Gültigkeit (zumindest bis zu einem gewissen Grad) sichern sollen. Es ist demnach wichtig festzuhalten, wer partizipiert und zu welchen Bedingungen dies der Fall ist. Zudem soll die Öffentlichkeit als ein Vehikel für die Mobilisierung öffentlicher Meinung als einer politischen Kraft fungieren. Sie sollte die Bürgerinnen und Bürger gegenüber privaten Mächten ermächtigen und es ihnen ermöglichen, Einfluss auf den Staat auszuüben. Deshalb wird davon ausgegangen, dass die Öffentlichkeit einer souveränen Macht zu entsprechen habe, an die ihre Kommunikationsprozesse letztlich adressiert werden. Zusammengenommen sind diese beiden Ideen – die Gültigkeit öffentlicher Meinung und die Ermächtigung von Bürgerinnen und Bürgern gegenüber dem Staat – für das Konzept von Öffentlichkeit im Rahmen der Demokratietheorie unverzichtbar. Ohne sie verliert das Konzept seine kritische Kraft und seinen politischen Bezugspunkt.

Doch lassen sich diese beiden Merkmale nicht ohne weiteres mit den diskursiven Arenen in Verbindung bringen, die wir heute als "transnationale Öffentlichkeiten" bezeichnen. Es erweist sich als schwierig, den Begriff der validen öffentlichen Meinung mit kommunikativen Arenen zu identifizieren, in denen die in den kommunikativen Austausch Eingebundenen keine politische Bürgerschaft konstituieren. Und es ist schwierig, die Idee kommunikativer Macht mit diskursiven Räumen zu assoziieren, die mit souveränen Staaten zusammenfallen würden. Daher ist keineswegs klar, was es heißt, heute von "transnationalen Öffentlichkeiten" zu sprechen. Aus der Perspektive der Demokratietheorie zumindest klingt dieser Ausdruck ein wenig wie ein Oxymoron.

Dennoch sollten wir den Begriff einer "transnationalen Öffentlichkeit" nicht zu schnell über Bord werfen. Meiner Ansicht nach ist ein solcher Begriff für diejenigen unter uns unentbehrlich, die das Ziel verfolgen, die Demokratietheorie in der gegenwärtigen "postnationalen Konstellation" neu zu konstruieren. Es wird allerdings nicht ausreichen, sich auf derartige Öffentlichkeiten lediglich in einer relativ lockeren Common Sense Weise zu beziehen, so als ob wir bereits wüssten, was sie seien. Stattdessen wird es notwendig sein, zu den Anfängen zurückzukehren, die Theorie der Öffentlichkeit zu problematisieren und letztlich ihre Konzeptionen von Validität und kommunikativer Macht neu zu bestimmen. Eine besondere Herausforderung wird dabei darin bestehen, den schmalen Grat zwischen zwei gleichermaßen unbefriedigenden Ansätzen entlangzugehen. Einerseits wäre ein empiristischer Ansatz zu unterlassen, der die Theorie einfach den existierenden Realitäten anpasst, da ein solcher Zugang die normative Kraft preisgibt. Andererseits wäre auch ein übertrieben externalistischer Ansatz zu vermeiden, der sich auf ideale Theorie beruft, um soziale Realität zu verwerfen, da ein solcher Zugang das kritische Potenzial opfert. Als Alternative erweist sich demgegenüber ein kritisch-theoretischer Ansatz, der normative Standards und emanzipatorische politische Möglichkeiten gerade innerhalb der sich gegenwärtig entwickelnden Konstellation zu lokalisieren sucht.

Dieses Projekt ist jedoch mit einer großen Schwierigkeit konfrontiert. Seit ihren Anfängen ist die Theorie der Öffentlichkeit implizit immer westfälisch[1] und / oder nationalistisch gewesen; sie hat stillschweigend stets einen westfälischen und / oder nationalen Rahmen vorausgesetzt. Das Gleiche trifft (weitgehend) auch auf die verschiedenen Kritiken / Neukonstruktionen der Theorie der Öffentlichkeit aus den Perspektiven von Geschlecht, "Rasse" und Klasse zu. Erst in jüngster Zeit wurden die national-westfälischen Grundlagen der Theorie der Öffentlichkeit problematisiert. Das zunehmende Hervortreten von transnationalen Phänomenen, die mit "Globalisierung", "Postkolonialismus", "Multikulturalismus" etc. assoziiert werden, haben es möglich – und notwendig – gemacht, die Theorie der Öffentlichkeit in einem transnationalen Rahmen zu überdenken. Diese Entwicklungen zwingen dazu, uns der schwierigen Frage zu stellen: Ist das Konzept der Öffentlichkeit in seiner begrifflichen Tiefenstruktur so durch und durch national-westfälisch geprägt, dass es als kritisches Instrument einer Theoretisierung der Gegenwart nicht zu retten ist? Oder kann das Konzept innerhalb eines transnationalen Rahmens neu konstruiert werden? Im letzteren Fall würde die Aufgabe nicht einfach darin bestehen, transnationale Öffentlichkeiten als tatsächlich existierende Institutionen zu konzeptualisieren. Vielmehr wäre es erforderlich, die kritische Theorie der Öffentlichkeit in einer Art und Weise zu reformulieren, welche die emanzipatorischen Möglichkeiten der gegenwärtigen "postnationalen Konstellation" erhellt.

In diesem Beitrag möchte ich damit beginnen, die Parameter für eine solche Diskussion zu klären. Ich werde das Terrain abstecken und eher Fragen aufwerfen als definitive Antworten anbieten. Dabei setze ich jedoch mit der Prämisse ein, dass die Theorie der Öffentlichkeit grundsätzlich eine wichtige kritisch-konzeptuelle Ressource verkörpert, die, wenn möglich, eher neu konstruiert anstatt aufgegeben werden sollte. Meine Diskussion wird dabei in drei Schritten erfolgen. Zuerst werde ich die implizit national-westfälischen Voraussetzungen der traditionellen Theorie der Öffentlichkeit herausstellen; daraufhin werde ich aufzeigen, dass diese Voraussetzungen in den bedeutenden feministischen wie auch in den anti-rassistischen Kritiken und Aneignungen der Theorie fortbestehen. Zum Zweiten werde ich spezifische Aspekte von Transnationalität identifizieren, welche sowohl die traditionelle Theorie der Öffentlichkeit problematisch erscheinen lassen als auch ihre feministischen und anti-rassistischen Gegentheoretisierungen. Schließlich werde ich einige Strategien vorschlagen, mit denen die VertreterInnen der Theorie der Öffentlichkeit damit beginnen könnten, auf diese Herausforderungen zu reagieren.

Insgesamt verfolge ich das Ziel, die Theorie der Öffentlichkeit, welche gegenwärtig Gefahr läuft, depolitisiert zu werden, zu repolitisieren. Dies erfordert es, wie wir sehen werden, dass das Problem der skalaren Reichweite erneut überdacht wird.

 

I. Die traditionelle Theorie der Öffentlichkeit und ihre kritischen Gegentheoretisierungen: Den impliziten national-westfälischen Rahmen thematisieren

Ich würde gerne damit beginnen, einige analytische Merkmale der Theorie der Öffentlichkeit in Bezug auf den locus classicus aller Diskussionen, Jürgen Habermas’ Strukturwandel der Öffentlichkeit, in Erinnerung zu rufen. Die Studie von Habermas bewegte sich gleichzeitig auf zwei Ebenen: 1) einer empirisch-historisch-institutionellen Ebene und 2) einer ideologisch-kritischen / ideal-normativen Ebene. Auf beiden Ebenen wurde die Öffentlichkeit als koextensiv mit einem souveränen territorialen (National-)Staat konzeptualisiert. Die Darstellung der Öffentlichkeit durch Habermas beruhte zumindest stillschweigend auf mindestens sechs institutionellen Voraussetzungen, von denen alle implizit westfälisch waren. Habermas assoziierte die Öffentlichkeit stillschweigend mit …

1) … einem westfälisch-nationalen Staatsapparat, welcher souveräne Macht über ein begrenztes Territorium und dessen BewohnerInnen ausübte,

2) … einer westfälisch-nationalen Ökonomie, die territorial gebunden, legal konstituiert und dem Prinzip der staatlichen Regulierung unterworfen war,

3) … einer westfälisch-nationalen Bürgerschaft, die innerhalb des westfälisch-nationalen Territoriums angesiedelt war und eine Reihe allgemeiner (westfälisch-nationaler) Interessen aufwies, welche wiederum weitgehend von der westfälisch-nationalen Ökonomie erzeugt wurden und auf diese ausgerichtet waren,

4) … einer Nationalsprache, welche das Medium öffentlicher Kommunikation bildete,

5) … einer westfälisch-nationalen Literatur, welche das Medium für die Herausbildung und Reproduktion einer (westfälisch-nationalen) subjektiven Orientierung an einer (westfälisch-nationalen) imaginierten Gemeinschaft bildete und daher als Medium einer westfälisch-nationalen Identität fungierte,

6) … einer westfälisch-nationalen Infrastruktur der Kommunikation: einer westfälisch-nationalen Presse und später westfälisch-nationalen Rundfunkmedien, welche die westfälisch-nationalen Nachrichten übermitteln.

Diese institutionellen Elemente sind in der Theorie der Öffentlichkeit in einer spezifisch ideal / ideologischen Weise aufeinander bezogen, orientiert an einem bestimmten politischen Projekt. Erfasst wird, wie durch (westfälisch-nationale) Kommunikationsprozesse (in der westfälisch-nationalen Sprache und durch die westfälisch-nationale Presse) der Körper einer (westfälisch-nationalen) öffentlichen Meinung erzeugt wird. Diese Meinung sollte wiederum das kommunikativ hervorgebrachte (westfälisch-nationale) Allgemeininteresse der (westfälisch-nationalen) Bürgerschaft im Hinblick auf die Verwaltung und Ordnung ihrer gemeinsamen (westfälisch-nationalen) Lebensbedingungen widerspiegeln, insbesondere das der (nationalen) Ökonomie. Darüber hinaus geht es darum, die derart hervorgebrachte (westfälisch-nationale) öffentliche Meinung gegenüber privaten Instanzen der Macht und dem Nationalstaat zu ermächtigen, um den Staat gegenüber der (westfälisch-nationalen) Bürgerschaft zur Rechenschaft zu verpflichten und (westfälische) staatliche Herrschaft zu "rationalisieren". So verstanden, stellt die (nationale) Öffentlichkeit eine vitale institutionelle Komponente der (westfälisch-nationalen) Demokratie dar.

Empirisch betrachtet beleuchtet die Theorie der Öffentlichkeit somit historische Prozesse der Demokratisierung des westfälisch-nationalen Staates, wie unvollständig sie auch immer sein mögen. Normativ gesehen liefert sie einen Beitrag zur westfälisch-nationalen Demokratietheorie. Auf beiden Ebenen dient sie als Maßstab, um die Demokratiedefizite tatsächlich existierender westfälischer Staaten zu identifizieren und einer Kritik zu unterziehen. Sind alle StaatsbürgerInnen tatsächlich vollwertige Mitglieder der Öffentlichkeit? Können alle zu gleichen Bedingungen partizipieren? Verzerrt das Privateigentum der westfälisch-nationalen Medien die westfälisch-nationalen Prozesse der Meinungsbildung? Verfügt die westfälisch-nationale öffentliche Meinung über hinreichend wirksame kommunikative Macht, um private Macht zu zähmen? Vermag sie den westfälisch-nationalen Staat in ausreichendem Maße zu beeinflussen, um seine Herrschaft zu rationalisieren?

Insofern die klassische Theorie der Öffentlichkeit uns dazu aufforderte, derartige Fragen zu erforschen, begründete sie eine kritische Theorie für ein bestimmtes politisches Projekt: das Projekt einer Demokratisierung des modernen westfälischen Nationalstaats. Die Kritik dieser Theorie hat sich weitgehend darauf konzentriert, die volle Inklusion der BürgerInnen zu sichern, die innerhalb dieses Rahmens ausgeschlossen oder marginalisiert waren: besitzlose Arbeiter, Frauen, ethnische Minderheiten und Arme.

Mein eigener früherer Versuch, die "Öffentlichkeit zu überdenken", stellt in dieser Hinsicht ein Beispiel dar. In einem Artikel, der ursprünglich 1992 publiziert wurde, führte ich vier Kritiken dessen an, was ich im Anschluss an Habermas das "liberale Modell der bürgerlichen Öffentlichkeit" nannte.[2] Ich argumentierte zunächst, dass es, konträr zu diesem Modell, für GesprächspartnerInnen in einer Öffentlichkeit faktisch nicht möglich war, Statusdifferenzen auszuklammern und sich unter der Bedingung auszutauschen, "als ob" sie sozial gleichgestellt wären, wenn sie es nicht waren; und daher folgerte ich, dass gesellschaftliche Gleichheit eine notwendige Bedingung für politische Demokratie darstellt. Zweitens argumentierte ich entgegen dem bürgerlichen Modell, dass eine einzige, umfassende Öffentlichkeit nicht immer einem Nexus multipler Öffentlichkeiten vorzuziehen ist; und ich wies darauf hin, dass die Zunahme von subalternen Gegenöffentlichkeiten in stratifizierten Gesellschaften einen Schritt hin zu mehr Demokratie darstellen könnte. Drittens widerlegte ich die bürgerlich-liberale Ansicht, dass öffentliche Diskurse auf die Deliberation des Allgemeinwohls beschränkt sein sollten, und dass das Auftauchen von "Privatinteressen" oder "privaten Themen" prinzipiell nicht wünschenswert sei. Schließlich bestritt ich viertens die bürgerliche Auffassung, dass eine funktionierende, demokratische Öffentlichkeit notwendigerweise stets eine scharfe Trennung zwischen Zivilgesellschaft und dem Staat verlangt. In jedem dieser Fälle demonstrierte ich, dass das bürgerliche Modell die Reichweite von Demokratie illegitimerweise beschränkte. Und ich trat stattdessen für ein postbürgerliches Modell ein.

So weit diese Kritik reichte, erscheint sie noch immer zutreffend. Doch mittlerweile glaube ich, dass sie nicht weit genug ging. Indem sie im Grossen und Ganzen weitgehend auf die Überwindung ungleicher Partizipationsmöglichkeiten in westfälisch-nationalen Öffentlichkeiten konzentriert war, stellte meine Kritik eine Radikalisierung des westfälisch-nationalen Demokratieprojekts dar. Darauf abzielend, die Beschränkungen des bürgerlich-liberalen Modells zu überwinden, suchte ich vollen Zugang und wirkliche Gleichheit in der Teilhabe für diejenigen zu sichern, die das Modell ausschloss oder marginalisierte: Frauen, Minoritäten und Arme. Doch versäumte ich es, die sechs westfälisch-nationalen Voraussetzungen der klassischen Theorie der Öffentlichkeit zu hinterfragen.

 

II. Die postnationale Konstellation: Den nationalen Rahmen problematisieren

Heutzutage erweist sich indes jede der sechs nationalen Voraussetzungen der Theorie der Öffentlichkeit als problematisch, wenn nicht einfach als offenkundig kontrafaktisch. Ich möchte sie der Reihe nach erneut betrachten, beginnend mit:

1. Westfälisch-nationale staatliche Souveränität

Mehrere Entwicklungen stellen die in der Theorie der Öffentlichkeit getroffene Vorraussetzung eines souveränen, territorial definierten westfälisch-nationalen Staates in Frage, welcher Adressat der öffentlichen Kommunikation sein sollte. Nicht mehr in einem einzigen institutionellen Ort vereinigt, ist Souveränität zerfallen, aufgebrochen in einzelne, getrennte Funktionen, und mehreren, unterschiedlichen Handlungsbereichen zugeordnet, die wiederum auf verschiedenen Ebenen operieren, einige global, einige regional, einige lokal und subnational. Militärische Funktionen und Sicherheitsaufgaben sind separiert, neu lokalisiert und in der Folge von "humanitären Interventionen", "friedenssichernden Operationen", dem "Krieg gegen den Terrorismus" und vielen multilateralen Sicherheitsarrangements neu arrangiert worden. Ebenso wurden Strafrecht und kontrollierende Aufgabenbereiche getrennt, neu zusammengefügt und an neuen Maßstäben ausgerichtet, bisweilen aufwärts orientiert, wie im Falle des Internationalen Kriegsverbrechertribunals, des Internationalen Gerichtshofes, der "universellen Gerichtsbarkeit" und von Interpol; aber doch mitunter auch abwärts gerichtet, wie im Falle der Stammesgerichte und der Privatisierung von Gefängnissen. Darüber hinaus wird mittlerweile auch das Vertragsrecht auf Grund der Entstehung privater, transnationaler Regime neu konzipiert, um geschäftliche Auseinandersetzungen schlichten zu können (eine Wiederbelebung der lex mercatoria). Ökonomische Steuerungsfunktionen werden im Hinblick auf regionale Handelsblöcke nach oben erweitert, wie etwa im Falle von Europäischer Union, NAFTA und Mercosur, als auch in Bezug auf formelle und informelle transnationale Institutionen, wie etwa die Weltbank, den IWF und das World Economic Forum; doch werden sie auch abwärts, im Hinblick auf kommunale Verwaltungen und Provinz-Behörden neu ausgerichtet, welche sich zunehmend für die Förderung von Entwicklung, die Regulierung von Löhnen und Steuern als auch für die Bereitstellung von sozialen Fürsorgemaßnahmen verantwortlich zeigen.
Allgemein beobachten wir daher die Entstehung einer neuen Struktur von Souveränität auf mehreren Ebenen, einem komplexen Gebilde, in dem das Land nur eine Ebene neben anderen darstellt. Staaten genießen heute folglich keine uneingeschränkte Souveränität über eindeutig abgegrenzte Territorien und Bevölkerungskörper mehr. Da jedoch die Kommunikation der Öffentlichkeit per Definition primär an Staaten adressiert ist, kann sie heute kaum die Funktion einer Rationalisierung souveräner Herrschaft erfüllen, da Letztere häufig anderswo, an anderer Stelle ausgeübt wird, nämlich von nicht-staatlichen Akteuren und transstaatlichen Institutionen.

2) Westfälische Nationalökonomie

Verschiedene Entwicklungen stellen ebenso die Annahme der Theorie der Öffentlichkeit in Frage, dass eine westfälisch-nationale Ökonomie der hauptsächliche Gegenstand öffentlicher Anliegen und der eigentliche Bezugspunkt für die Hervorbringung eines westfälisch-nationalen Allgemeininteresses sein würde. Wir müssen nur Outsourcing, transnationale Unternehmen und "Offshore Business" Registrierung in Betracht ziehen, um zu erkennen, in welchem Ausmaß eine westfälisch-national basierte Produktion zu einer Fiktion zu werden beginnt. Ebenso müssen wir nur auf globale Finanzmärkte, den EURO und den Kurssturz der argentinischen Währung verweisen, um einschätzen zu können, in welchem Ausmaß nationale Währungskontrollen ephemer sind. Unter diesen Bedingungen erweist sich die bloße Idee einer nationalen Ökonomie als suspekt, ganz zu schweigen von einer westfälisch-nationalstaatlich gesteuerten. Doch wenn die Kommunikation der Öffentlichkeit sich weitgehend auf eine westfälische staatliche Verwaltung einer westfälisch-nationalen Ökonomie bezieht, kann sie heute nicht der Aufgabe dienen, ein Allgemeininteresse zu erzeugen, um Herrschaft zu rationalisieren, die Steuerung der Ökonomie zu demokratisieren und "Märkte mittels Politik zu zähmen", da die Prozesse, welche ökonomische Beziehungen bestimmen, den westfälisch-nationalen Rahmen überschreiten.

3) Westfälisch-nationale Bürgerschaft

Verschiedene Entwicklungen problematisieren darüber hinaus die Voraussetzung der Theorie der Öffentlichkeit, dass eine westfälisch-nationale Bürgerschaft das Subjekt der Kommunikation der Öffentlichkeit bilden solle. Das verstärkte Hervortreten solcher Phänomene wie Migration, Diaspora, doppelte StaatsbürgerInnenschaft, Mitgliedschaft in indigenen Gemeinschaften und Mehrfachwohnsitzen hat die Annahme einer nationalen, exklusiven, scharf abgegrenzten Bürgerschaft, die sich über die Ansässigkeit in einem nationalen Territorium abgrenzen lässt, lächerlich gemacht. Mittlerweile beherbergt jeder Staat auf seinem Territorium Menschen, die keine StaatsbürgerInnen sind, und jede Nationalität erweist sich als territorial verstreut. In Wirklichkeit sind heute die meisten Staaten multikulturell und / oder multinational, auch wenn sie darauf beharren, dies zu verneinen. Nationalität und Bürgerschaft fallen folglich nicht zusammen. Doch wenn die Subjekte der Kommunikation in der Öffentlichkeit Mitglieder der gleichen Nation und MitbürgerInnen sind, kann eine solche Kommunikation nicht mehr die klassische Funktion erfüllen, diejenigen, die eine "Schicksalsgemeinschaft" bilden, zu mobilisieren, um demokratische Kontrolle über die Instanzen von Macht durchzusetzen, die ihre grundlegenden Lebensbedingungen bestimmen. Derartige Instanzen haben sich nicht nur verlagert, auch die von ihnen Betroffenen bilden keine politische Gemeinschaft mehr.

4) Nationalsprache

Verschiedene Entwicklungen weisen auch die in der Theorie der Öffentlichkeit getroffene Voraussetzung einer einzigen Nationalsprache als problematisch aus, die das linguistische Medium einer Kommunikation in der Öffentlichkeit ausmachen sollte. Auf Grund der bereits angesprochenen Vermischung der Bevölkerung stimmen nationale Sprachen nicht mehr mit Staaten überein. Ein Problem besteht jedoch nicht nur darin, dass offizielle Staatssprachen auf Kosten von lokalen und regionalen Dialekten gefestigt wurden, wenngleich dies zutrifft. Es ist vielmehr auch darin zu sehen, dass existierende Staaten in Wirklichkeit vielsprachig sind, während Sprachgruppen sich als territorial verstreut erweisen und eine zunehmende Zahl von SprecherInnen mehrsprachig sind. Mittlerweile hat sich Englisch als die lingua franca der globalen Wirtschaft und der Massenunterhaltung herausgebildet, ganz zu schweigen vom universitären Betrieb. Sprache bleibt jedoch ein politischer Störfaktor, die Länder wie Belgien, wenn auch nicht länger Kanada, zu sprengen droht, während sie Demokratisierungsbemühungen von Ländern wie Südafrika oder Bestrebungen, transnationale Formationen wie die EU zu etablieren, erschwert. Es lässt sich daher feststellen, dass westfälisch-national basierte Öffentlichkeiten, die einsprachig ausgerichtet sind, darin versagen, eine inklusive Kommunikationsgemeinschaft der gesamten Bürgerschaft herzustellen. Insofern Öffentlichkeiten jedoch linguistischen Gemeinschaften entsprechen, sind sie zugleich geographisch verstreut und beziehen sich nicht nur auf eine einzige Bürgerschaft. In jedem Fall ist es schwierig, zu erkennen, wie Öffentlichkeiten der Aufgabe dienen können, eine demokratische Gegenmacht gegenüber dem Staat zu erzeugen.

5) Westfälisch-nationale Literatur

Diese Entwicklungen stellen ebenso die Voraussetzung einer Nationalliteratur in der Theorie der Öffentlichkeit in Frage, von der man annahm, dass sie ein Medium für die Ausbildung einer solidarischen, nationalen Identität bilden würde. Demgegenüber ist es jedoch wichtig, das zunehmende Aufkommen von kultureller Hybridität und Hybridisierung zu berücksichtigen, den Aufstieg einer "Weltliteratur" inbegriffen. Zu beachten ist auch der Aufschwung einer globalen Massenunterhaltung, ob direkt US-amerikanisch, US-Amerika-artig oder US-amerikanisierend. Nicht zu übersehen ist schließlich der spektakuläre Aufstieg der visuellen Kultur, oder besser gesagt, das verstärkte Hervortreten des Visuellen in der Kultur und der relative Niedergang der Printmedien, der Literatur etc. In all diesen Hinsichten ist es schwierig, der (nationalen) literarisch kulturellen Formation, welche von Habermas (und Benedict Anderson) als Vehikel der Herausbildung einer subjektiven Haltung der KommunikationspartnerInnen in der Öffentlichkeit ins Auge gefasst wird, konzeptuellen Vorrang einzuräumen. Im Gegenteil, da öffentliche Sphären auf den kulturellen Rückhalt einer nationalen Identität angewiesen sind, welche in einer nationalen literarischen Kultur verankert ist, lässt sich ihr effektives Funktionieren schwerlich feststellen, wenn derartige Grundlagen fehlen.

6) Westfälisch-nationale Infrastruktur der Kommunikation

Ähnliche Entwicklungen stellen ebenso die in der Theorie der Öffentlichkeit vorausgesetzte westfälisch-nationale kommunikative Infrastruktur in Frage, von der erwartet wurde, dass sie eine Reihe kommunikativer Prozesse unterstützen würde, die, wie dezentriert auch immer, hinreichend kohärent und politisch fokussiert waren, um sich zu einer "öffentlichen Meinung" zusammenzufügen. In diesem Zusammenhang wäre nur der Zuwachs an Nischenmedien zu berücksichtigen, die gleichermaßen subnational oder transnational sein können, die aber in keinem Fall wie westfälisch-nationale Medien funktionieren, welche darauf ausgerichtet sind, die westfälisch-nationale Staatsmacht zu kontrollieren. Außerdem wäre die erheblich angestiegene Eigentumskonzentration im Bereich der Medien zu beachten, insbesondere bei den transnationalen Unternehmen, die sich, trotz ihrer immensen Reichweite, mitnichten daran orientieren, transnationale Macht zu kontrollieren. Hinzu kommt, dass viele Länder öffentlich-rechtliche Medien mit deutlich gemischten Ergebnissen privatisiert haben: Einerseits mit der Erwartung auf eine unabhängigere Presse und ein autonomeres Fernsehen sowie dem Angebot von mehr inklusiven, populären Programmen; andererseits mit der Folge einer weiteren Ausbreitung der Marktlogik, einer Zunahme der Macht der Werbung und dubiosen Mischformen wie etwa dem Quassel-Radio und dem "Infotainment". Und schließlich sollten wir auch die unverzögert übertragenden Informationstechnologien bedenken, sowohl auf Breitband- und Satellitenbasis als auch auf elektronischer Grundlage, welche direkte transnationale Kommunikation ermöglichen und dabei westfälisch-staatliche Kontrollen umgehen. Insgesamt signalisieren all diese Entwicklungen eine Entnationalisierung der kommunikativen Infrastruktur. Sicherlich ergeben sich dadurch manche neue Möglichkeiten der kritisch-öffentlichen Meinungsbildung. Doch werden Kommunikationsflüsse dadurch auch zunehmend zerlegt und kompliziert. In letzter Konsequenz hat dies zur Folge, dass sowohl die Herstellung einer kritischen öffentlichen Meinung auf breiter Basis als auch ihre Mobilisierung zu einer wirksamen kommunikativen Macht unterminiert werden.

Allgemein erweisen sich öffentliche Sphären demnach in Bezug auf jedes der konstitutiven Elemente einer öffentlichen Meinung als zunehmend transnational oder postnational. Das "Wer" der Kommunikation, welches vorher als eine westfälisch-nationale Bürgerschaft theoretisiert wurde, stellt mittlerweile eine Anhäufung verstreuter Subjekte der Kommunikation dar. Das "Was" der Kommunikation, welches vorher als ein westfälisch-nationales Interesse theoretisiert wurde, das in einer westfälisch-nationalen Ökonomie verankert ist, erstreckt sich mittlerweile über enorme Reichweiten des Planeten, in einer transnationalen Schicksals- und Risikogemeinschaft, die sich allerdings nicht in entsprechenden Solidaritäten und Identitäten widerspiegelt. Das "Wo" der Kommunikation, welches einst als das westfälisch-nationale Territorium konzeptualisiert wurde, erweist sich nun als deterritorialisierter Cyberspace. Das "Wie" der Kommunikation, einst als westfälische Printmedien verstanden, umfasst nun einen weiten, trans-linguistischen Nexus von zerstückelten und sich überlappenden visuellen Kulturen. Und schließlich stellen sich die Adressaten der Kommunikation, welche vormals als westfälische Staatsmacht konzipiert wurden, die sich gegenüber der öffentlichen Meinung zu verantworten hat, mittlerweile als amorphe Mischung von öffentlichen und privaten transnationalen Mächten dar (von Robert Cose suggestiv als "das Nebulöse" bezeichnet), die weder einfach zu identifizieren ist, noch zur Rechenschaft gezogen werden kann.

 

III. Die Öffentlichkeit erneut überdenken

Diese Entwicklungen werfen die Frage auf, ob und wie Öffentlichkeiten heute denkbar sind, welche jene demokratischen politischen Aufgaben erfüllen können, mit denen sie historisch assoziiert wurden. Ist es zum Beispiel vorstellbar, dass Öffentlichkeiten heutzutage öffentliche Meinung in dem starken Sinne eines wohlüberlegten Verständnisses des Allgemeininteresses hervorbringen, das durch faire, inklusive und kritische Argumentation gefiltert wurde und für jede(n) Betroffene(n) offen steht? Und ist es denkbar, dass Öffentlichkeiten heute eine solche öffentliche Meinung dahingehend ermächtigen, souveräne Mächte oder ihre funktionalen Äquivalente einzuschränken? Welche Arten von Veränderungen (institutionell, ökonomisch, kulturell und kommunikativ) würden erforderlich sein, um sich eine genuin demokratische (oder demokratisierende) Rolle für transnationale Öffentlichkeiten unter gegenwärtigen Bedingungen überhaupt vorstellen zu können? Wo sind die souveränen Mächte, welche die öffentliche Meinung heute einschränken sollten? Welche Publikumsgruppen sind für welche Mächte relevant? Wer sind die maßgeblichen Mitglieder eines bestimmten Publikums? In welcher oder welchen Sprache(n) und über welche Medien sollten sie kommunizieren? Und mittels welcher kommunikativen Infrastruktur?

Diese Fragen beantworten zu können verlangt von uns, die entscheidenden Disjunktionen oder fehlenden Übereinstimmungen des skalaren Rahmens zu identifizieren, welche die Theorie der Öffentlichkeit heute zu unterminieren drohen – und herauszufinden, wie sie überwunden werden könnten. Ich möchte an dieser Stelle lediglich zwei erwähnen.

1) Eine hauptsächliche Disjunktion stellt die fehlende Übereinstimmung der Reichweite zwischen westfälischen Staaten auf der einen Seite und den transnationalen Instanzen privater Mächte auf der anderen Seite dar. Diese fehlende Übereinstimmung zu überwinden, erfordert die Institutionalisierung neuer transnationaler öffentlicher Mächte, welche die Instanzen der transnationalen privaten Mächte einschränken und sie einer transnationalen demokratischen Kontrolle unterwerfen können.

2) Eine zweite entscheidende Disjunktion besteht in der fehlenden Übereinstimmung zwischen westfälischer-staatlich basierter Bürgerschaft, post-westfälischen Schicksals- oder Risikogemeinschaften (von denen manche global sind), nationalen und transnationalen (jedoch subglobalen) Öffentlichkeiten sowie subglobalen Solidaritäten. Diese fehlende Übereinstimmung zu überwinden, erfordert die Institutionalisierung von Elementen transnationaler, quasi-globaler Bürgerschaft. Diese ermöglichen zugleich die Erzeugung umfassender Solidaritäten auf breiter Grundlage, welche die Trennungen von Sprache, Ethnizität, Religion und Nationalität überschreiten und dabei breite inklusive Öffentlichkeiten schaffen, in denen gemeinsame Interessen durch offene, demokratische Kommunikation erzeugt und / oder entdeckt werden können. Anders ausgedrückt, es erfordert die Neuordnung der Beziehungen von zumindest vier verschiedenen Formen von Gemeinschaft, die sich heute nicht entsprechen:

1. Die imaginierte Gemeinschaft oder Nation

2. Die politische (oder zivile) Gemeinschaft oder Bürgerschaft

3. Die Kommunikationsgemeinschaft oder Öffentlichkeit

4. Die Schicksalsgemeinschaft oder die Menge der "Stakeholder", die von verschiedenen Entwicklungen betroffen sind (die "Risikogemeinschaft" inbegriffen)

Das Bild, das ich vor Augen habe, umfasst multiple Öffentlichkeiten, die dem Modell einer Mehrebenen-Struktur von Souveränität entsprechen, welches ich vorher skizziert habe. Vielfalt ist hier nicht horizontal, wie etwa in meinem früheren Versuch, das Konzept der Öffentlichkeit zu revidieren, in dem ich von einer Reihe von Öffentlichkeiten und Gegenöffentlichkeiten ausging. Demgegenüber ist die Vielfalt, welche ich hier entwerfe, vertikal angelegt.

Im Allgemeinen hebe ich damit die Notwendigkeit institutioneller Erneuerung hervor. Dieser Fokus ist zwei anderen Ausrichtungen entgegengesetzt, welche die Diskussionen zu Globalisierung häufig dominieren. Eine stellt eine konsumistische Antwort dar (die man nicht nur bei unerschrockenen Neoliberalen wie etwa Tom Friedman findet, sondern auch bei relativ kritischen Denkern wie Ulrich Beck). Dieser Ansatz favorisiert die Mobilisierung transnationaler Konsument(inn)enbewegungen, um transnationale Unternehmensmacht durch Boykotte zu beschränken. Die kommunikative Macht soll dabei unmittelbar auf Unternehmen abzielen, während sie den Staat gewissermaßen umgeht. Daher gibt dieser Ansatz leichtfertig politisches Terrain auf, anstatt zu versuchen, es zu erneuern.

Ein zweiter, verbreiteter Ansatz setzt seine Hoffnungen eher auf transnationale soziale Bewegungen. Solche Bewegungen stellen sicherlich eine wichtige Antwort auf die Ungleichgewichte der skalaren Rahmen dar, die ich hier identifiziert habe; sie erweitern mehrere der konstitutiven Elemente öffentlicher Kommunikation, das "Wer", "Was", "Wo", "Wie" und "an Wen" einbegriffen. Doch sind und können sie keine befriedigende Gesamtlösung darstellen. Dabei besteht das Problem weder nur darin, dass einige von ihnen reaktionär sind; noch darin, dass selbst progressive Bewegungen weder vollkommen demokratisch sind, noch inklusiv, noch rechenschaftspflichtig. Weitaus schwerwiegender ist vielmehr, dass transnationale Bewegungen, ebenso wie Öffentlichkeiten, Gegenmächte sind. Ihre Wirksamkeit erfordert daher die Existenz von institutionalisierten souveränen Mächten, die dazu gezwungen werden können, im Allgemeininteresse zu handeln. Wird es versäumt, bedeutende institutionelle Neuerungen einzuführen, so können weder transnationale soziale Bewegungen, noch transnationale Öffentlichkeiten jene emanzipatorischen demokratisierenden Funktionen übernehmen, welche den Bezugspunkt der Theorie der Öffentlichkeit bilden.

Allgemein betrachtet führt daher nichts an einer grundlegenden institutionellen Erneuerung vorbei. Wenn der Theorie der Öffentlichkeit auch für die gegenwärtige postnationale Konstellation Relevanz zukommen soll, reicht es für ForscherInnen im Bereich der Cultural Studies und der Kulturwissenschaften, der Medienwissenschaften und der Media Studies nicht aus, existierende Kommunikationsströme nachzuvollziehen. Vielmehr werden kritische TheoretikerInnen des Sozialen und des Politischen die grundlegenden Prämissen dieser Theorie überdenken müssen, sowohl institutionell als auch normativ. Nur dann wird die Theorie ihr Hauptanliegen und ihr Versprechen wiederfinden, ein Ansatz zu sein, der zur Emanzipation beitragen kann.


[1] Mit dem Begriff "westfälisch" wird in diesem Beitrag der Bezug zu den Effekten des 1648 in Münster unterzeichneten Verträgen zum "Westfälischen Frieden" hergestellt, welche den Dreißigjährigen Krieg beendeten. Sie hatten insofern großen Einfluss auf die Struktur des internationalen Systems ("Westfälische Ordnung"), als sie das Prinzip von starken souveränen Staaten begründeten und damit den späteren Nationalismus der europäischen Nationalstaaten vorbereiteten (Anm. der Herausgeber).

[2] Vgl. Nancy Fraser: Rethinking the Public Sphere: A Contribution to a Critique of Actually Existing Democracy. In: Craig Calhoun (Hg.), Habermas and the Public Sphere. Cambridge, Mass. – London, S. 109-142, und die deutsche Fassung Nancy Fraser, Die halbierte Gerechtigkeit. Schlüsselbegriffe des postindustriellen Nationalstaates. Teil II.3 Neue Überlegungen zur Öffentlichkeit. Ein Beitrag zur Kritik der real existierenden Demokratie. Frankfurt am Main 2001, S. 107-150, übersetzt von Karin Wördemann (Anm. d. Hrsg.).