10 2004
Aktualisierung des Raums: Der Fall Oda Projesi
Übersetzt von Therese Kaufmann
Ein langer, hoher
Raum. In der Mitte kleine Bäume in Schachteln. Die Wände
sind auf allen drei Ebenen des Gebäudes von Türen und
Fenstern durchbrochen. Hie und da stehen Schuhe vor
den Türen und durch die Fenster lassen sich flüchtig
Vorhänge erkennen. Neben den Schuhen wurde der eine
oder andere Kinderwagen abgestellt. Tageslicht durchflutet
den Raum durch ein Glasdach und wird durch das Glas
an den Schmalseiten gefiltert. Wenn da nicht die Schuhe
und Kinderwägen wären, würde man an ein Hotel oder sogar
ein US-amerikanisches Gefängnis denken. In der Mitte
des Raums spielt eine Gruppe von Männern auf ihren Instrumenten
türkische Musik, andere tanzen. Ein kleines, in gelb
gekleidetes Mädchen, zieht, elegant allein tanzend,
die Aufmerksamkeit auf sich. Lachen erklingt. Plötzlich
wird von einem Balkon eine Papierbahn herunter gelassen,
die sich wie eine große Schlange entrollt, und einige
Kinder beginnen darauf zu zeichnen.
Der Ort ist eine Passage und
ein BewohnerInnentreff im "Galeriahaus", einem
sozialen Wohnbau in der Messestadt Riem, einem Vorort
von München. Der Anlass ist eine von mehreren kleineren
Veranstaltungen, die Oda Projesi während ihres Aufenthalts
dort im Frühjahr 2003 organisierte. Wie der Name schon
sagt ("Oda" bedeutet Raum und "Projesi" auf Türkisch Projekt), ist der Ausgangspunkt von Oda
Projesis Arbeit der Raum, wie man verschiedene Orte
und räumliche Situationen kreieren und neu formulieren
kann durch verschiedene Formen ihrer Nutzung. Beispielsweise:
Wie können gemeinsam mit unterschiedlichen Personengruppen
neue Funktionen öffentlicher Orte wie ein Platz oder
eines leeren Raums in einer Wohnung gefunden werden?
Oder einer architektonisch gestalteten Passage wie dem
Atrium im Galeriahaus, zu dem von den Behörden für Nicht-BewohnerInnen
der Zutritt verboten wurde und wo Spielen verboten war?
Die drei Künstlerinnen Özge Acikkol,
Gunes Savas und Secil Yersel arbeiten seit 1997 zusammen.
Sie begannen damit, die sich in den öffentlichen Räumen
ihrer Heimatstadt Istanbul bietenden Möglichkeiten aufzugreifen
und veranstalteten mit Kindern Workshops, in denen gezeichnet,
gemalt und dann ihre Arbeiten vor Ort ausgestellt wurden.[1]
Im Jahr 2000 nahm die Gruppe den Namen Oda Projesi an
und mietete eine 3-Zimmer-Wohnung in Galata, demselben
Bezirk, in dem sie mit ihren Workshops begonnen hatte.
Galata war damals ein noch nicht gentrifiziertes Viertel
Istanbuls, und befindet sich nahe der berühmten Fußgängerzone
Istiklal und
einem Unterhaltungsviertel, in das viele der ZuwanderInnen
aus den östlichen Regionen der Türkei bei ihrer Ankunft
in der Stadt kommen. Das Leben in den engen, überfüllten
Straßen und kleinen Höfe ist lebendig.[2]
Es wohnt jedoch keine der Künstlerinnen in der Wohnung,
die als nachbarschaftlicher Treffpunkt und als Plattform
für Projekte dient, die zusammen mit den BewohnerInnen
des Viertels und anderen drinnen und draußen erarbeitet
werden.
Die Künstlerinnen sind mit der
Umgebung in Galata und ihren Nachbarn vertraut geworden,
vor allem mit den Kindern, die sich während meiner Besuche
im Oktober 2001 und im September 2003 in der Wohnung
ganz selbstverständlich zu Hause und in Frieden fühlten.
Die einzelnen Aktivitäten sind unterschiedlich, gemeinsam
ist ihnen, dass es nicht um das Zeigen oder Ausstellen
eines Kunstwerks geht, sondern darum, Kunst als Mittel
einzusetzen, um neue Beziehungen zwischen Menschen durch
unterschiedlichste Beobachtungen/Untersuchungen und
die Formung öffentlichen ebenso wie privaten Raums (wieder)herzustellen.
Oda Projesi ließ sich davon inspirieren, wie die EinwohnerInnen
von Istanbul ihre Stadt benützen, ohne immer die Regeln
und Gesetze zu beachten: zum Beispiel, wie Geschäftsleute
geschickte Lösungen finden, um ihre Ware ohne zusätzliche
Kosten außerhalb des Ladens zu zeigen oder Zubauten
zu Wohngebäuden errichtet werden.
Ein Raum der Wohnung in Galata
dient als Treffpunkt, mit einer Menge von Zeichenmaterialien,
Kunst- und Kinderbüchern. Ein weiterer Raum wird manchmal
für Kunstprojekte genützt, ein dritter fungiert als
Archiv, aber die KünstlerInnen können auch den Rest
der Wohnung benützen oder deren Nutzung verändern. Auch
die Umgebung wird genutzt. Beispielsweise lud der Künstler
Erik Göngrich als Teil seiner Studie Istanbuls als 'Picknick
City" alle Nachbarn zu einem Picknick in den kleinen
Hof ein, der mit jenen Plastikmatten bedeckt war, die
für Picknicks ebenso wie als Gebetsmatten verwendet
werden. In der Wohnung, veranstaltete die örtliche Theatergruppe
Tem einen Kinderworkshop zu verschiedenen Formen des
Schauspielens. Die in Istanbul ansässige Architektengruppe
Heterotopya veranstaltete vor Kurzem mit Kindern eine
Diskussion über die Neugestaltung des geschlossenen
und mit Steinen ausgelegten Hofs. Dabei wurden Vorschläge
für ein Schwimmbad ebenso entwickelt wie für einen Garten
mit Schaukeln.
Oda Projesi ist ein permanentes Projekt, von den Künstlerinnen selbst initiiert und finanziert. Es ist nicht Teil eines Programms oder einer Kampagne, es verfügt weder über Öffnungszeiten noch macht es Werbung. Wenn andere KünstlerInnen zur Mitarbeit eingeladen werden, kommen die Leute aus der Nachbarschaft zu den Eröffnungen, ansonsten ist es möglich, nach mündlicher Vereinbarung vorbeizukommen. Wenn die Mitglieder verreisen, geben sie den Schlüssel an die Nachbarn, die auf die Wohnung acht geben und die Kinder und andere, die sie benützen wollen, hineinlassen. Dadurch wird die Wohnung zu einem Ort mit Eigenschaften des Privaten ebenso wie des Öffentlichen. Das Verständnis und die Benützung des Raums stehen Michel de Certeaus Ansatz des Alltäglichen, Gebrauchsorientierten und Pragmatischen nahe: Der Raum ist ein Resultat der Aktivitäten, die ihn beeinflussen und sogar bestimmen, die ihn in einem Zeitrahmen situieren und ihn dazu bringen, unter einander widersprechenden Benützungen und Verständnissen zu funktionieren. Demzufolge ist Raum eine Sache von Aktualisierung und von aktiver Benützung sowie der Ambivalenzen und inneren Abhängigkeiten, die durch seine Verwendung zutage treten. Wie wenn ein Wort ausgesprochen wirde, erhält er die verschiedenen Bedeutungsebenen durch seine spezifischen Kontexte.[3]
Die Arbeit von
Oda Projesi ist zu jener vielgestaltigen Richtung
zeitgenössischen Kunst zu zählen, die interaktiv agiert
und in der öffentliche und semiöffentliche Räume genützt
werden. Die Gruppe schafft Situationen für verschiedene
Formen des Austauschs, die sich auf Intimität und
persönlichen Kontakt konzentrieren, und ihre Arbeit
wurde sogar als eine Reflexion darüber, was öffentliche
Kunst ist und sein kann beschrieben, beziehungsweise
darüber, wie diese in der zeitgenössischen Kunst funktionieren
könnte.[4]
Gerade da es in diesem Feld so viele Unterschiede
gibt, scheint der Versuch um so wichtiger, einige
der spezifischen Punkte einer der Praxen zu erfassen.
Auf den ersten Blick ließe sich Suzanne Lacys Definition
von "New Genre Public Art" auf Oda Projesis
Arbeit anwenden: "New Genre Public Art fordert
eine integrative kritische Sprache, durch die Werte,
Ethik und soziale Verantwortung mit künstlerischen
Mitteln diskutiert werden können."[5]
Dieses Arbeitsmodell
baut eher auf den Verhältnissen zwischen Menschen
und auf sozialer Kreativität als auf Selbstdarstellung
auf und ist durch Kooperationen charakterisiert. Es
bezieht sich auf spezifische, oft marginalisierte,
Gruppen der Gesellschaft, ist sozial engagiert, interaktiv
und richtet sich an andere, weniger anonyme Öffentlichkeiten
als jene der Kunstinstitutionen. In der "New
Genre Public Art" geht es um kreative Partizipation
als Prozess. Die Aktivitäten finden meist außerhalb
etablierter Kunstinstitutionen, in sozialen Kontexten
wie Wohnsiedlungen oder Schulen statt. Dadurch entsteht
eine Art umgekehrter Ausschließung: Diejenigen, die
durch das Projekt angesprochen und "erobert"
werden, haben eher Zugang dazu als das übliche Kunstpublikum.
Ein wesentlicher Unterschied
im Verhältnis zur den meisten "New Genre Public
Art"-Projekten liegt jedoch darin, dass Oda Projesi
nicht reaktiv ist, es also nicht in erster Linie auf
ein soziales oder kulturelles Problem reagiert. Ebenso
wenig werden die Personen, mit denen die Gruppe arbeitet
- die Zielgruppe - als "Andere" behandelt
oder beschrieben; traditionelle Public Art verharrt
eher in der Position der Konstruktion eines "Anderen".
Kurz gefasst, mangelt es Oda an einer "reformistischen"
oder Weltverbesserungsrhetorik im Verhältnis zu einem
"Anderen". Oda Projesi will aber auch keine
Kampagne führen, um die Welt zu verändern, weshalb
es auch keinen Aktivismus à la "Park
Fiktion"
gibt.[6]
Sie haben auch keinerlei Verbindungen zu spirituellen
oder "heilenden" Traditionen, welche Suzanne
Lacy in der "New Genre Public Art" sieht.
Selbst wenn Oda Projesi ihre Projekte oft an öffentlichen
oder semi-öffentlichen Orten stattfinden lässt, geht
es nicht um "Public Art" im eigentlichen
Sinn, da es keine öffentlichen AuftraggeberInnen gibt
und der öffentliche Raum nicht spezifisch thematisiert
wird. Obwohl sie gelegentlich ein freundlich-liebliches
Image haben, ist ihre Arbeit nicht didaktisch, indem
sie sich beispielsweise an definierte Zielgruppen
unterprivilegierter BürgerInnen richtet. Trotzdem
will Oda Projesi, wenn auch in einer Mikro-Perspektive,
ebenso wie der große, alte Mann der sozialen und behaviouristischen
Nachbarschaftsprojekte, Stephen Willats, zu einer
Veränderung gesellschaftlichen Funktionierens beitragen.
Dies findet oft durch den Versuch statt, das Bewusstsein
über die Codes des Lebens um uns zu verändern. Für
Willats ist das Verhältnis zwischen Arbeit und Öffentlichkeit
selbst das Werk, aber dies ist schwer auf Oda Projesi
umzulegen, da ihr Verständnis dessen, was Öffentlichkeit
konstituiert, differenzierter und ihre Konzeption
des Kunstwerks offener und weniger objektorientiert
ist.[7]
Abgesehen von Dokumentationen
ist Oda Projesi sehr darauf bedacht, keine Objekte
zu hinterlassen, die als Kunst interpretiert werden
kann, die ausgestellt werden soll. Die Dokumentationen
werden hingegen zu einer Art Tagebuch, in dem die
Aktivitäten nach ihrem Stattfinden persönlich verzeichnet
und kommentiert werden. Trotzdem hat die Gruppe ihre
Arbeit paradoxerweise als einer Form der Schaffung
eines Monuments diskutiert. Sie sagt, dass sie "ein
Monument schaffen wollen, das aus den Gesten des Alltags
und den Schichten der Erinnerung der Gemeinschaft"
komponiert ist, und weist darauf hin, dass dies immer
zusammen mit, jedoch nicht für die TeilnehmerInnen
passiert.[8]
Der Gruppe schwebt ein abstraktes Monument vor, in
fluider Form, aber konkret im Gedächtnis, das den
Bemühungen der TeilnehmerInnen gewidmet ist, den Raum
zu untersuchen und Vorschläge für alternative Nutzungen
zu formulieren, was wiederum zu einer Neudefinition
und Umstrukturierung gesellschaftlicher Verhältnisse
beitragen kann.
Hierin unterscheidet sich Oda
Projesis Verständnis radikal von einem der in letzter
Zeit meist diskutierten und deshalb auch "ikonischen"
Monument-Werk, das in einer Wohnsiedlung unter Involvierung
der BewohnerInnen realisiert wurde, nämlich Thomas
Hirschhorns "Bataille
Monument" in der Friedrich-Wöhler-Siedlung,
das ein Teil der Documenta11 in Kassel im Sommer 2002
war. Sowohl Oda Projesi als auch Hirschhorn beziehen
sich auf die Idee des klassischen Monuments und stellen
es in Frage. Thomas Hirschhorns Strategie umfasst
die Benützung einfacher und vergänglicher Materialien,
wenn er seine Monumente, die klassischerweise "großen"
Männern wie Spinoza und Deleuze gewidmet sind, an
abgelegenen Orten errichtet. Sein Ziel ist es, Kunst
zu produzieren und für das "Bataille
Monument" hatte er einen vorbereiteten,
zum Teil umgesetzten Plan, für dessen Umsetzung er
Hilfe Benötigte. Einige der jüngeren, arbeitslosen
BewohnerInnen des Bezirks machten die Arbeit in der
Bibliothek und errichteten ein TV-Studio und wurden
dafür auch bezahlt. Sie hatten die Rolle von "Ausführenden"
und nicht von "Mit-Schaffenden".
Die BewohnerInnen in der Arbeitersiedlung erschienen als "anderes" und schillerndes Element in einem Projekt, das vor allem eine Kritik an einem Kunstgenre und nicht an sozialen Strukturen repräsentierte. Hirschhorns Arbeit wurde deshalb verständlicherweise für das Ausstellen und Exotisieren marginalisierter Gruppen und somit eine Form sozialer Pornographie kritisiert. Er selbst wollte die Grenzen einer der zeitgenössischen Kunstschauen von höchstem Prestige austesten.[9] Während Thomas Hirschhorn einen Unterschied zwischen Sozial- und Kunstprojekten unterscheidet, wobei seine Arbeit klar zur zweiten Kategorie gehört, ist es viel schwieriger, diese Unterscheidung für Oda Projesi zu machen. Die KünstlerInnen haben lose Verbindungen mit der Kunstwelt und sind weniger mit der Frage beschäftigt, was Kunst ist, und was nicht. Es reicht aus, dass Kunst eine Methode und eine Zone für bestimmte Aktivitäten zur Verfügung stellt. Gleichzeitig arbeiten sie mit Gruppen von Leuten aus ihrer unmittelbaren Umgebung und ermöglichen diesen, auf das Projekt Einfluss zu nehmen. Deshalb ist Oda Projesis Arbeit ebenso sozial wie künstlerisch, aber ohne offizielle AuftraggeberInnen, zum Beispiel eine lokale Behörde, die Sozialreformen oder messbare Verbesserungen erwartet.
In ihrem Projekt
in der Messestadt Riem auf Einladung der kunstprojekte_riem,
das in Kooperation mit dem Kunstverein München durchgeführt
wurde, wurde diese doppelte Qualität ihrer Arbeit
ausgedrückt und zum Thema gemacht.[10]
Obwohl die Wohnung in Galata das Zentrum ihrer Arbeit
darstellt, repräsentiert sie diese nicht in ihrer
Gesamtheit. Während der letzten Jahre führten die
Künstlerinnen auf Einladung von Kunstinstitutionen
und -organisationen verschiedene Projekte durch, die
kürzer waren als das in Galata und oft in anderen
kulturellen und soziopolitischen Kontexten stattfanden.[11]
Alle BewohnerInnen von Riem wurden vorab mittels eines
Briefs informiert, dass Oda Projesi über einen Monat
täglich für drei Stunden im Projektraum der kunstprojekte_riem
zur Verfügung stehen würde.[12]
Der Raum, der sich neben dem offiziellen - und meist
verwaisten - "BewohnerInnentreff"
und einer angrenzenden Küche befand, die auf die
Straße geht und deshalb weniger privat ist, wurde
stark frequentiert. Zusammen mit den TeilnehmerInnen
versuchten die KünstlerInnen, eine Form der Benützung
des Raums zu finden, für das sie nicht verantwortlich
sein würden, den sie aber als BewohnerInnen der Gegend
zum Beispiel für gegenseitiges Frisieren, Tupperware
Parties und die Zubereitung von Essen benützen konnten.
Vor allem die türkischen Frauen schätzten die Küche
als Treffpunkt. Die Möblierung des Projektraums wurde
verändert, teilweise in Verbindung mit jeder einzelnen
Veranstaltung, und der Raum hatte schließlich ein
völlig anderes Erscheinungsbild als am Beginn.
Die meisten Sozialkontakte
wurden allerdings von einem türkischen Ehepaar, das
einen kleinen Laden gegenüber dem BewohnerInnentreff
betreibt, hergestellt. Schon aus sprachlichen Gründen
- keines der Mitglieder von Oda Projesi spricht deutsch
- waren die meisten der TeilnehmerInnen türkischsprachig.
Zusätzlich zu den Aktivitäten in Projektraum und Küche
wurden Videos über die Umgebung gedreht, die in dem
Laden gezeigt wurden. BewohnerInnen machten Führungen,
und es gab eine Teeparty mit Musik und Tanz im Galeriahaus.
Eine lange Papierrolle fungierte bei einigen dieser
Anlässe als soziales Instrument: Die Leute wurden
aufgefordert, darauf zu schreiben und zu zeichnen,
was die Unterhaltung untereinander förderte. Wie so
oft bei Oda Projesi, bestand das "Publikum"
im Grunde aus den TeilnehmerInnen, die alle die Künstlerinnen
kennen gelernt hatten. Die Tatsache, dass es nur selten
ein außenstehendes, ausschließlich beobachtendes Publikum
gibt, vermindert den Inszenierungscharakter. Wer anwesend
ist, nimmt teil, und die persönliche Anwesenheit der
Künstlerinnen ist zentral, was eine ungewöhnlich vertraute,
von Außenstehenden nur schwer nachvollziehbare Beziehung
erzeugt.
Oda Projesi teilt
die Betonung auf zwischenmenschlichen Beziehungen mit
verschiedensten Gruppen, die von Nicolas Bourriaud mit
dem Begriff "relationale Ästhetik" umschrieben
wurde. Demzufolge sind Beziehungen zwischen Menschen
das Grundmaterial dieser KünstlerInnen; sie konzentrieren
sich auf gesellschaftlichen Austausch, thematisieren
Kommunikationsprozesse und interagieren mit den BetrachterInnen.[13]
Wie Oda Projesis Arbeiten ist auch Dan Petermans
Projekt "The Shop" in Chicago an eine bestimmte
Community gerichtet und basiert auf gemeinsamen Aktivitäten,
die nicht "ausgestellt" werden. In Petermans
Fall ist das eine Fahrradwerkstätte in einem heruntergekommenen
Stadtteil. Noch vergleichbarer ist die Arbeit von Oda
Projesi mit Rirkrit Tiravanija, einem anderen Künstler,
der mit "relationaler Ästhetik" in Verbindung
gebracht wird und dessen Arbeit ebenso einen hohen Grad
an Offenheit in Hinblick darauf aufweist, dass soziale
Situationen von den Teilnehmenden geschaffen und gestaltet
werden, und er sich mit neuen Möglichkeiten der Benützung
von Raum und der Neugestaltung alltäglicher Praxen befasst.
Sowohl Oda Projesi als auch Rirkrit
Tiravanija vermengen absichtlich das Private und das
Öffentliche, mit allen Mitteln der Informalität und
Nähe. Sie arbeiten mit Menschen, die oft etwas gemeinsam
tun. Die Initiative liegt bei der Öffentlichkeit, oft
Kindern und Jugendlichen, denen es oft leichter fällt,
gegen vorherbestimmte Verhaltensweisen und Anwendungsformen
zu handeln.[14]
Im Zentrum der Projekte stehen Zusammenarbeit und Partizipation.
Obwohl Oda Projesi und Rirkrit Tiravanija keine großen
politischen Ansprüche verfolgen, gibt es immer die Idee
der Veränderung. Wie immer, wenn menschliche Beziehungen
zentral sind, ist es nicht leicht, wenn nicht sogar
unmöglich, genau zu beschreiben, was passiert und den
Erfolg zu bemessen. Trotzdem ist klar, dass die Methode
entscheidend ist: Bei Oda Projesi bildet die Methode
in Kombination mit der Auseinandersetzung mit einem
konkreten Raum das Wesen der Arbeit.
In diesem
Zusammenhang ist kann die von dem in Wien ansässigen
Kritiker Christian Kravagna’s getroffene Unterscheidung
in vier verschiedene Arbeitsmethoden in der mit sozialer
Interaktion befassten zeitgenössischen Kunst hilfreich
sein: "Arbeit mit anderen", Interaktivität,
kollektives Handeln und partizipatorische Praxis. Der
1998 verfasste Text mit dem Titel "Modelle partizipatorischer Praxis" zeichnet das Bild einer Gesellschaft,
in der ein weit verbreitetes politisches Ohnmachtsgefühl
besteht, und in der reale oder drohende Arbeitslosigkeit
an jeder Ecke lauert.[15]
Er bezieht sich auf das Konzept der "Bürgerarbeit"
des Soziologen Ulrich Beck, das die Aktivierung ungenutzter
Potenziale für politisches Engagement zur Schaffung
einer engagierten Zivilgesellschaft vorschlägt. "Bürgerarbeit"
würde von der Sozialhilfe abhängige Menschen in organisiertes,
soziales Engagement einbinden, von der Sterbehilfe über
die Obdachlosenbetreuung bis zu Kunst und Kultur. Für
Christian Kravagna ist das nichts anderes als ein Trick,
durch den die reduzierten Möglichkeiten politischer
Partizipation mit "sozialer Aktivität" in
der Form unbezahlter Bürgerarbeit kompensiert werden.
Nach Becks Modell sind die Menschen sinnvoll beschäftigt
und werden dafür sogar "belohnt", haben also
keinen Grund, unruhig zu werden. Und der Staat spart
Geld.
Auch wenn
das von Christian Kravagna gezeichnete Bild etwas zu
schwarz/weiß sein , die Beschreibung des "Politischen"
etwas verschwörungstheoretisch geraten sein und der
Text nicht frei von Widersprüchen sein mag, ist er bei
einer der Positionierung von Oda Projesi innerhalb der
verschiedenen, heute gängigen partizipatorischen Ansätzen
vonnutzen. Zu Recht weist er darauf hin, dass "Partizipation"
als Praxis in der Kunst des 20. Jahrhunderts immer dort
eine Rolle spielt, wo es um die Selbstkritik der Kunst
geht, die Position des/r AutorIn in Frage gestellt wird
oder es um das Verhältnis zwischen Kunst und "Leben"
geht. Als Vertreterinnen der ersten von ihm eingeführten
Kategorie, "Arbeit mit anderen", nennt er
KünstlerInnen wie Rirkrit Tiravanija, Irene und Christine
Hohenbüchler sowie Jens Haaning. Seiner Ansicht nach,
sind diese Praxen nicht anderes als modischer Sozio-Chic,
der keine weitere Auseinandersetzung erforderlich macht.
Er zitiert die KünstlerInnen Alice Creischer und Andreas
Siekmann, die diesen Vorgangsweisen einen "ausgeprägten
Ausbeutungscharakter" zuschreiben, da die betreffenden
KünstlerInnen zwar die Produktion auslagerten, aber
den Mehrwert abschöpften.
Die zweite
Kategorie, Interaktivität, lässt, wie er sagt, eine
oder mehrere Reaktionen zu, die das Werk in seiner Erscheinung
beeinflussen, seine Struktur aber nicht grundlegend
verändern. Christian Kravagna bringt dafür keine Beispiele,
aber wir können uns vorstellen, dass er sich auf Arbeiten
aus den so genannten "Neuen Medien" Medien
bezieht, wo man auf einen Knopf drücken darf, oder auf
Arbeiten, die ein Konsumangebot beinhalten. Die dritte
Kategorie, kollektive Praxis, meint, dass eine Gruppe
von Leuten eine Idee formuliert und sie dann zusammen
umsetzt. Auch hier nennt er kein Beispiel, aber Park
Fiction könnte als solches stehen. Die vierte von ihm
genannte Kategorie, partizipatorische Praxis, geht von
einer Differenz zwischen Produzierenden und Rezipierenden
aus, jedoch mit Konzentration auf Letzteren, denen ein
wesentlicher Anteil der Konzeption einer Arbeit überantwortet
wird. Sein Hauptinteresse gilt partizipatorischen Ansätzen
und er bespricht Arbeiten wie Adrian Pipers "Funk
Lessons" (1982-84), Clegg & Guttmans
"Offene
Bibliothek" (1991 und 1993), Stephen Willats
"Vertical
Living" (1978) sowie die von Susanne Lacy
so genannte "New Genre Public Art".[16]
Während die drei ersten Arbeiten als von ihm erfolgreich
betrachtet werden, kritisiert er "New Genre Public
Art" als traditionell, essentialistisch, moralisierend,
mystifizierend und pastorale Züge aufweisend.
Sowohl hinsichtlich
der Produktion als auch der kuratorischen Arbeit, kann
Christian Kravagnas erste Kategorie,
"Arbeit mit anderen", als Überbegriff für
die folgenden drei Kategorien dienen. Sie kann alle
davon oder nur einige umfassen, innerhalb einer künstlerischen
Methode im Allgemeinen oder in einem bestimmten Projekt,
doch gibt es einige Besonderheiten, die den anderen
Kategorien fehlen, von denen "Offenheit" die
Umstrittenste, aber auch Relevanteste in Hinblick auf
Oda Projesis Arbeiten sein dürft. Das Problem der Ausbeutung
ist sehr komplex, doch wenn von Rirkrit Tiravanija,
Irene und Christine Hohenbüchler sowie Jens Haaning
gesagt wird, dass sie den Mehrwert nur für sich abschöpfen,
so gilt dies zweifellos auch für die angeführten Projekte
von Adrian Piper, Clegg & Guttman und Stephen Willats.
Oda Projesis Arbeit verkörpert wahrscheinlich eine Zwischenform,
da sie alle vier Ansätze umfasst, aber mit einem offeneren
Konzept der künstlerischen Arbeit, manchmal in mehreren
Projekten, manchmal in ein und demselben. Darin liegt
möglicherweise die Stärke ebenso wie die Schwäche ihrer
Arbeiten, von alltäglichen, oft räumlichen, Ausgangspunkten
zu verschiedenen Projekten mit Menschen in deren unmittelbarer
Umgebung, durch die gar nicht so kleine Veränderungen
in Denkweisen und Beziehungen zu einander hergestellt
werden. Der politische Diskurs im Zusammenhang mit diesen
Aktivitäten müsste allerdings noch weiter entwickelt
werden.
In Oda Projesis
Ansatz gibt es mehr als nur einen Stolperstein. Im
Zusammenhang mit der kuratorischen Arbeit in einem
institutionellen Rahmen, führt es das Dilemma vor
Augen, wie mit zeitgenössischen Kunst umgegangen werden
soll, die aus den Institutionen hervorgeht und außerhalb,
als Teil von öffentlichen oder semi-öffentlichen Räumen
und in enger Auseinandersetzung mit dem Alltäglichen
funktioniert. Da Oda Projesi ein eher distanziertes
Verhältnis zum Kunstsystem pflegen und keine Objekte
oder Bilder für Ausstellungen in Kunstinstitutionen
produzieren, haben sie ein undefiniertes Verhältnis
zu Ausstellungen als Medium und teilweise auch zu
den Institutionen als kodierte Orte. Dies wurde sichtbar,
als die Dokumentation des Projekts in der Messestadt
Riem als dessen Fortsetzung und Diskussion unter dem
Titel The Room
Revisited im Kunstverein München gezeigt wurde.[17]
Die Situation wurde dadurch radikal verändert und
Oda Projesi nun etwa war mit außenstehenden BetrachterInnen
konfrontiert, die keinen direkten Kontakt zum Projekt
hatten. Die Präsentation wurde dieser Situation angepasst;
neben verschiedenen Dokumentationsformen planten die
KünstlerInnen den Raum so, dass er dem Projektraum
in der Messestadt Riem ähnelte - eine Raumnutzung,
die nicht dem "White Cube" entspricht.
Im "Kabinett", einem
intimen Raum in der Mitte des Treppenhauses in dem
der speziell als Galerie gebauten Raum aus dem späten
18. Jahrhundert, der mit einem Teppich, Stoffen und
Pölstern auf dem Boden ausgestattet war, wurde auf
einem Monitor das 14-minütige Video "Riem
Rooms" gezeigt. Auf dem Boden lagen auch
kleine Photos zum Mitnehmen, offizielles Informationsmaterial
aus dem Bezirk und ein "Raum-Notizbuch",
eine von den KünstlerInnen zusammengestellte, fotokopierte
Dokumentation mit Notizbuch, das die BesucherInnen
ebenso mitnehmen konnten. Große Farbfotos von einigen
der Räume, in denen Oda Projesi in den letzten Jahren
gearbeitet hat, waren an der Wand außerhalb des "Kabinetts"
aufgehängt. "The Room Revisited"
war weder eine Ausstellung, noch im engeren Sinn
eine Dokumentation auf der Basis von Oda Projesis
Erfahrungen in der Messestadt Riem. In gewisser Weise
wirkte es etwas deplaziert, was auch durch einige
Reaktionen sowohl von Seiten des Publikums als auch
der Kunstkritik bestätigt wurde.
Besonders seit den 1990er Jahren
gab es eine Reihe von Versuchen, Kunstausstellungsräume
zu verändern, den "White
Cube" in Frage zu stellen, in etwas anderes als
strenge und manchmal autoritäre "Schauräume"
zu verwandeln. Inspiriert von der Club-Kultur und
Bar-Atmosphäre, wurden diese Ort oft u.a. in Orte
zum Ausgehen und Abhängen - in undramatische, entspannte
Räume - verwandelt, aber auch in Schneiderwerkstätten,
Tätowierungs-Studios, Partnervermittlungsbörsen, etc.
Ausstellungsräume wurden auch als Büros und Treffpunkte
für AktivistInnen benützt, wodurch sie Aufgaben von
Gemeindezentren oder Kulturläden übernahmen - oft
im Zusammenhang mit künstlerischen Projekten. Meist
vernachlässigt, aber ebenso wichtig für die Veränderungen
des Verständnisses der Institutionen zeitgenössischer
Kunst ist die Initiative dieser Institutionen, Projekte
zu finanzieren und zu produzieren, die nichts oder
nur wenig mit dem physischen Raum der Institution
zu tun haben. Auf indirekte, aber greifbare Weise
trugen sie so zu einer Erosion des konventionellen
Verständnisses der Institution als Orte der Ausstellung
von Kunstobjekten bei, indem sie die Institutionen
als Strukturen der Unterstützung, Produktion und Verbreitung
durch alternative Kanäle und an Orten außerhalb ihrer
eigenen unterstrichen. Kurz, sie unterstützten eine
"De-Duchampifizierung" der Institution.
Ein
Jahr nach meiner Arbeit mit Oda Projesi und dem Projekt
"The Room Revisited" im Kunstverein München bin ich noch immer
mit der Frage beschäftigt, wie wir diese - sehr wichtigen
- Arbeitsformen wie jene von Oda Projesi in die institutionelle
Programmierung einbringen können. Es ist künstlerische
Arbeit, die innerhalb des Kunstfelds stattfinden,
aber anderen gesellschaftlichen Handlungsfeldern ähnelt
oder diesen sogar eher angehört. Naturgemäß diskutiert
Oda Projesi nicht über die Frage, was Kunst ist, und
was nicht. Stattdessen nützen die
KünstlerInnen den Vorteil, innerhalb dieses
bestimmten Felds arbeiten zu können. Ihre Arbeit baut
auf regelmäßigem, langfristigen Engagement und persönlicher
Präsenz auf. Wenn sie aber von Institutionen eingeladen
werden, verbringen sie nur kurze Zeit an Orten, über
die sie vorher meist wenig wissen, was die Gefahr
von Oberflächlichkeit und von Alibihandlungen mit
sich bringt. Sollten wir in Anbetracht all dieser
Dilemmata diese Arbeitsformen sich selbst und den
wenigen Organisationen, die sie unterstützen, überlassen?
Oder sollten wir darauf bestehen, uns damit auseinander
zu setzen und damit das Risiko eingehen, die Arbeiten
zu kompromittieren und sowohl dem allgemeinen Publikum
als auch den KollegInnen auf die Nerven zu gehen?
In einer
solchen Situation sollten institutionelle Politiken
nicht übersehen werden. Die Biographie von Oda Projesis
Projekt begann damit, dass kunstprojekte_riem mit
dem Münchener Kunstverein in Kontakt traten und wegen
einer Kooperation anfragten. Diese waren zu jener
Zeit unter starkem politischen Druck, im Stadtzentrum
von München mehr Sichtbarkeit zu erlangen. Wie nannten
Oda Projesi als interessante Möglichkeit, vor allem,
da es uns nicht gelungen war, die Mittel für eine
Aktion der Gruppe in München in Zusammenhang mit ihrer
Teilnahme an der Gruppenausstellung "Exchange
& Transform" (Arbeitstitel) 2002 zu
lukrieren.[18]
kunstprojekte_riem beschlossen schließlich,
Oda Projesi einzuladen und wir boten beiden an, etwas
in den Räumen des Kunstvereins zu machen. Dieser Prozess
ließ danach fragen, zu welchem Grad das Einladen von
KünstlerInne wie Oda hauptsächlich dazu dient, das
Bedürfnis der Institution, ihre Unterstützung von
Arbeiten in sozialen Kontexten zu rechtfertigen. Meine
erste Antwort wäre, die Arbeit in ihrer ursprünglichen
Umgebung, also dort, wo sie herkommt, zu unterstützen,
was von Vorständen und GeldgeberInnen, die eher Aktivitäten
in den Ausstellungsräumen als in entfernten Vororten
erwarten, nicht gerne gesehen wird. Eigentlich aber
sehe ich "The
Room Revisited" als ein weiteres Beispiel
dafür, dass Oda Projesi in "de Certeauscher"
Weise ständig aufs Neue die konventionelle Nutzung
von Räumen hinterfragen. Wie sie durch die Veranstaltung
von Aktivitäten, die sich mit ambivalenten oder manchmal
sogar inkompatiblen Formen der Nutzung und des Verständnisses
von Raum sogar den institutionellen Raum aktualisieren.
http://www.kunstprojekte-riem.de/deutsch/veranstaltungen/veranstal_26_03_2003_d.html
[1] Zu diesem Zeitpunkt fanden weder in Kunstmuseen noch in anderen Museen Workshops für Kinder oder andere Personen statt.
[2] Galata wurde in dem Film Windows von Belmin Soylemez dokumentiert. Oda Projesi benützte den Film in Ausstellungen als Teil der Präsentation ihrer Aktivitäten, zum Beispiel in der Ausstellung Exchange & Transform (Arbeitstitel) im Kunstverein München im Sommer 2002.
[3] vgl. Michel de Certeau: Die Kunst des Handelns, Berlin: Merve, 1988
[4] Ana Paula Cohen: Dispositiv Workshop – Teil 1: Oda Projesi, Drucksache Spring 03, Kunstverein München, 2003
[5] Suzanne Lacy: Mapping the Terrain: New Genre Public Art, Seattle, Washington: Bay Press, 1995, S.43. Lacy verwendet den Begriff, um eine Reihe sehr unterschiedlicher Projekte in den USA von den 1970er Jahren bis zu den 1990ern, von Adrian Piper bis zu den Mujeres muralistas, zu besprechen.
[6] Vgl. z. B. Christoph Schäfer & Cathy Skene: Aufruhr auf Ebene p: St. Pauli Elbpark O-100%, in: Marius Babias und Achim Könneke (Hg.): Die Kunst des Öffentlichen, Amsterdam & Dresden: Verlag der Kunst, 1998. Park Fiktion ist eine aktivistische Initiative, die von einer Gruppe von KünstlerInnen und anderen AnrainerInnen gegründet wurde, um die Gentrifizierung St. Paulis in Hamburg zu verhindern und vor allem eine Grüngelände als Park zu erhalten.
[7] Vgl. z.B. Stephen Willats: Living Together, Ausstellunskatalog, Tramway, Glasgow, 1995. Obwohl er sich auf Kooperation und den Prozess konzentrierte, produzierte Willats produced objektorientierte Kunst, die regelmäßig in “White Cube”- Räumen ausgestellt wird.
[8] Ana Paula Cohen, Dispositiv Workshop – Teil 1: Oda Projesi, Drucksache, Spring 03, Kunstverein München, 2003
[9] Vgl Michaela Pöschl, Hirschhorn's Wurst, in: Kulturrisse 04/02, http://igkultur.at/igkultur/kulturrisse/1035718151/1035794739
[10] Oda Projesis Projekt stellte den ersten Teil der Serie Dispositiv Workshop, initiiert vom Kunstverein München 2003, dar. Auf verschiedene Weise in Kollektiven arbeitende KünstlerInnen war eingeladen, Projekte mit von ihnen selbst gewählten Personengruppen in München zu realisieren. Die darauffolgenden Teile waren: Dispositiv Workshop, Teil 2 mit Annika Eriksson im Herbst 2003, Dispositiv Workshop, Teil 3 mit Katya Sander im Sommer 2004, Dispositiv Workshop, Teil 4 war ein Kolloquium zu kollaborativen Praxen mit künstlerischen und kuratorischen Initiativen aus ganz Europa im Kunstverein München im Sommer 2004, Dispositiv Workshop, Teil 5 mit Ruth Kaaserer im Sommer 2004 and zuletzt Dispositiv Workshop, Teil 6 mit Rirkrit Tiravanija: ein Retrospektivenprojekt im Herbst 2004.
[11] Zwei dieser Einladungen kamen von einer Institution in Istanbul, dem neuen Museum für zeitgenössische Kunst, Proje4L, in Gultepe, das sich zwischen dem Finanzdistrikt und einem der so genannten "24-Stunden-Häuser-Bezirk” befindet, wo man Zubauten an Wohnbauten ohne Bauerlaubnis errichten, kann solange es nicht länger als 24 Stunden dauert. Das Ergebnis der ersten Einladung war, dass Oda Projesi für sechs Monate in einem dieser 24-Stunden-Häuser in der Nachbarschaft des Museums eine Wohnung mieteten, in der sie ähnliche Aktivitäten wie in Galata veranstalteten. Die zweite Einladung führte zu einer Kooperation mit einer angrenzenden Schule für zwei Jahre. Eines der Projekte, die mit der Schule und den SchülerInnen durchgeführt wurden, hieß Jump und bestand aus einer Art Untersuchung und einem Vorschlag dafür, wie der Museumsraum genützt werden könnte. Im Museum wurden Trampoline installiert und den Kindern und anderen BesucherInnen konnten darauf springen wie und soviel sie wollten. Ein Vidoe, das die Aktion dokumentiert, wurde später in der Schule gezeigt. Ein wenig später, im Frühjahr 2002, nahmen Oda Projesi an der Gwangju Biennale in Südkorea teil, wo sie die Wohnung in Galata in ihrer realen Größe im Ausstellungsraum rekonstruierten. Jeder Raum wurde für einen anderen Zweck benützt: Der mittlere Raum diente etwas als Veranstaltungsort für einen fünftägigen Workshop mit SchülerInnen der englischsprachigen Schule. Danach konnten die BesucherInnen die Räume nach Belieben benützen.
[12] Kunstprojekte_Riem war ein amibitioniertes Projekt, in dem die Stadt München durch die Kuratorin Claudia Büttner, Aufträge für Kunstprojekte in und für eine neue Wohnsiedlung auf dem Gelände des alten Flughafens.
[13] Nicolas Bourriaud: ‘An Introduction to Relational Aesthetics’, in Traffic (catalogue), Bordeaux: CAPC Musée d’ Art Contemporain, 1995. Diese breite Umschreibung umfasst KünstlerInnen wie Angela Bulloch, Dominique Gonzalez-Foerster, Jorge Pardo, Dan Peterman, Henrik Plenge Jakobsen, Rirkrit Tiravanija und andere, von denen die meisten in einem institutionellen Zusammenhang arbeiten.
[14] Vgl. Nina Möntmann: Kunst als sozialer Raum, Köln: Verlag der Buchhandlung Walther König, 2002. Während Tiravanija die meisten seiner Werke, die oft Räume oder Architekturen umfassen, in Kunstinstitutionen ausstellt, die auf für sie ungewöhnliche Weise genutzt werden, haben Oda Projesi seltener in solchen Kontexten gearbeitet.
[15] Vgl. Christian Kravagna: Modelle partizipatorischer Praxis, In: Marius Babias und Achim Könneke (Hg.): Die Kunst des Öffentlichen, Amsterdam and Dresden: Verlag der Kunst, 1998
[16] Die Frage des Kontexts erscheint hier auch jenseits der Institution, bis zu dem Punkt des von Peter Weibel für eine Ausstellung gleich Titels 1993 geprägten Begriffs "Kontextkunst" in der deutschsprachigen in der deutschsprachigen Umgebung, der besonders von der linken Kunstszene in Köln angefochten wurde. Man könnte Kontextkunst als deutsches Pendent zur so genannten "relationalen Ästhetik", die aber programmatischer politisch und akademisch ist, bezeichnen. Beide gehen von einem dynamischeren Konzept von Kunst aus, in dem der Kontext aktiv miteinbezogen wird und oft den Ausstellungsraum verlässt. Einige der KünstlerInnen, die Christian Krawagna als "gute" Beispiele anführt, sind mit Kontextkunst in Verbindung gebracht worden. Vgl. Peter Weibel: Kontextkunst – Kunst der 90er Jahre, Köln, DuMont Verlag 1994
[17] The Room Revisited, Kunstverein München, 5. Juni bis 31. August 2003
[18] Vgl. FN 2